: Polizei weist israelische Vorwürfe empört zurück
■ Generalstaatsanwalt: Keine Versäumnisse bei Vernehmungen zu Schüssen am Konsulat
Mit Empörung hat die Berliner Polizei auf die Vorwürfe von israelischer Seite reagiert, bei der versuchten Besetzung ihrer Vertretung durch Kurden vor bald drei Wochen hätten sich die deutschen Polizisten davor gedrückt, das Konsulat von innen zu schützen. Polizeipräsident Hagen Saberschinsky erklärte, das Verhalten seiner Beamten sei keinesfalls feige, sondern korrekt gewesen. Es wäre „völlig falsch“ und „taktisch unverantwortlich gewesen“, in das Konsulat einzudringen, da es sonst zu einem gefährlich unkoordinierten Vorgehen der Polizei und der israelischen Sicherheitsbeamten vor und in dem Generalkonsulat hätte kommen können.
Der Sprecher der israelischen Botschaft in Bonn hatte der deutschen Polizei in der taz vorgeworfen, zwei Mitarbeiterinnen des Konsulats hätten vom Notausgang im Keller der Vertretung aus die Deutschen aufgefordert, in das Konsulat zu kommen, um die anstürmenden Kurden aufzuhalten. Darauf hätten die Polizisten mit dem Hinweis abgewinkt, sie seien nicht befugt, das Gebäude eines fremden Staates zu betreten. Durch Schüsse von israelischen Sicherheitsbeamten waren vier Kurden ums Leben gekommen.
Die Pressestelle der Generalstaatsanwaltschaft zeigte sich gestern zudem empört über die Vorwürfe, Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge hätte am Donnerstag den Rechtsausschuß und die Presse belogen oder zumindest den Schein erwecken wollen, daß die Israelis eine Vernehmung der zwei Sicherheitsbeamten und anderer Konsulatsangestellter durch die deutschen Behörden verhinderten. „Der Generalstaatsanwalt wußte am Donnerstag von diesen Vernehmungen durch den Staatsschutz nichts“, sagte die Pressesprecherin. Es gebe keinen Anlaß für Karge, zu lügen. Die Generalstaatsanwaltschaft werde, wenn sie es für nötig halte, weitere Zeugen zu den Vorgängen befragen.
Karge unterstrich vor dem Innenausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses, offenbar werde versucht, durch „gezielte Indiskretionen“ Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen. Der Ermittlungsstand habe sich gegenüber dem Stand von Donnerstag vergangener Woche nicht wesentlich verändert. Da die Israelis nicht der deutschen Strafverfolgung unterlägen, träten die Ermittlungen gegen sie im „Todesermittlungsverfahren“ immer weiter in den Hintergrund, während die Strafverfolgung gegen die Kurden in den Vordergrund rücke. Er sei „dankbar“, daß die deutschen Polizisten nicht auch noch in das Konsulat eingetreten seien. Es gebe keine Ermittlungen gegen deutsche Polizisten.
Indes wehrte sich die „Kurdische Emigranten Union e.V. Berlin“ gegen die in einigen Zeitungen verbreitete Nachricht, in kurdischen Kreisen kursiere das Foto eines der israelischen Sicherheitsbeamten. Neben ihm soll die Erklärung angeheftet sein: „Dieser Mann muß mit seinem Kopf für den Tod von vier Demonstranten bezahlen.“ Diese Behauptungen seien „eine weitere Kriminalisierung der Kurden“, wehrt sich der kurdische Verein. Wie die Tageszeitung Die Welt berichtet hatte, ist auch dem Leiter des Landeskriminalamtes, Peter Becker, ein „solcher Steckbrief nicht bekannt“.
Der Berliner Innensenator Eckart Werthebach (CDU) unterstrich, Israels Botschaft Avi Primor habe ihm gegenüber mündlich bestätigt, daß es keine Vorwürfe Israels an die deutsche Polizei gebe. Nach Einschätzung der Innenminister von Bund und Ländern werde sich die PKK zunächst auf friedliche Demonstration beschränken. Man könne allerdings keine Entwarnung geben.
Nach Ansicht des bündnisgrünen Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland habe die erneute Befragung Karges gestern keine neuen Fakten zu Tage gefördert. Heute will die Fraktion entscheiden, welche Fragen der Untersuchungsausschuß behandeln soll, den die Grünen einsetzen wollen. Auch die PDS will erst heute eine mögliche Unterstützung für den Ausschuß besprechen. Philipp Gessler
Annette Rollmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen