Wiener Störgeräusche

■ Christian Fennesz rüstet im Podewil den Maschinenpark Richtung Hörsturzgefahr auf

Während normalerweise Avantgardisten der elektronischen Musik mit schicken Künstlernamen wie The Modernist oder Mike Ink daherkommen, lieben es die Österreicher authentisch. Da gibt es den Peter (Rehberg), den Gerhard (Potzuznik), gar den Alois (Huber) oder eben Christian Fennesz. Alle genannten gehören zu einem Wiener Klüngel, der sich um Labels wie Mego und Sabotage schart und als derzeit innovativstes Konglomerat abstrakter Elektronikschaffe gilt. Haben das Bild vom elektronischen Wien vor allem die Kaffeehaus-Remixer Kruder & Dorfmeister geprägt, bewegen sich Mego- und Sabotage-Acts eher in der reichen Österreicher Traditionslinie radikaler Kunstterroristen, die statt in Gedärmen rumzuwühlen eben den Maschinenpark in Richtung Hörsturzgefahr aufrüsten.

Christian Fennesz' Arbeit bewegt sich zwischen der japanischen Noise-Ästhetik des totalen Krachs, minimaler Grooveforschung, wie man sie von den Finnen Pan Sonic kennt, und der Arbeit in künstlerischen Grenzbereichen. So leitet er neben seiner Soloarbeit die elektronische Big Band Orchester 33 1/3 und hat auch schon Tanzgruppen mit akustischer Untermalung des Programms versorgt.

Wie viele aus der Welt der elektronischen Klangforschung hat Fennesz früher versucht, seine Idee von Geräuschmusik mit der Gitarre umzusetzen. Lange Zeit spielte er dieses Instrument in der Band Maische und lieh dieser sogar sein Stimmorgan. Bei genauem Hinhören tauchen ewig verfremdete Gitarrenschlaufen auch noch auf seinen Platten auf.

Die Freude an Störgeräuschen, Verfremdungseffekten, das Bearbeiten der Schnittstelle Techno und neuer elektronischer Musik ohne Repetitionsdogma hat bereits zu Zusammenarbeiten mit ein paar der big names der aktuellen Avantgarde geführt. So hat er schon soundgeclasht mit dem Oberzeremonienmeister japanischer Maschinenapokalypse Merzbow, mit Berlins Riot-Boy Alec Empire, mit der Grande dame der New Yorker Downtown- Szene Elliot Sharp und kürzlich mit Tausendsassa Jim O Rourke.

Mit dem Berliner Zeitblom wird Fennesz diesmal gesammelte Daten voller Klangmaterial zum gegenseitigen Austausch zwischen den Laptops freigeben. Andreas Hartmann

Christian Fennesz, ZEITBLOM – Podewil 10.3. ab 21 Uhr und am 15.3. ab 20 Uhr