: „Zeichen für die Ewigkeit“
Tatort Standesamt: Gestern morgen wurden in Hamburg die ersten Termine für Hochzeiten am 9.9.99 vergeben ■ Von Christina Maroldt
Wie eine glückliche Braut sieht Julia Baumann nicht aus. Eher schlaff hängt die 24jährige neben ihrem Zukünftigen im Wartesessel des Standesamtes Eimsbüttel. Freund Arne Erismann erzählt den Mitwartenden unterdessen, daß sie beide die ganze Nacht im Auto vor dem Standesamt gewartet haben. Schließlich wollte das Paar auf jeden Fall noch einen der heißbegehrten Schnapszahlen-Trautermine für den 9.9.1999 ergattern.
„Das ist einfach ein nettes Datum“, sagt der 25jährige Arne. Die kalte Nacht im Auto hat sich für beide gelohnt: Julia und Arne sind stolze BesitzerInnen eines kleinen Zettels, auf den ein Standesbeamter mit Filzstift die Zahl „3“ gemalt hat: „Wir dürfen als dritte rein und uns für den 9.9.1999 anmelden.“
Julia und Arne sind nicht die einzigen, die von einer Hochzeit mit fünf Neunen träumen. In Kiel konnten sich Heiratswillige schon am 9. März für das Trau(m)datum anmelden. Dort drängten sich vorgestern wahre Menschenmassen vor den Standesämtern.
Julia und Arne sahen die Bilder im Fernsehen und waren entsetzt. Sie wollten auf jeden Fall dabei sein. Also bezogen sie schon in der Nacht zu Mittwoch Stellung vor dem Eimsbüttler Bezirksamt und warteten, bis sich ausnahmsweise schon um sieben Uhr morgens die Türen öffneten.
Doch der gewaltige Besucherstrom, der sich wie zu besten Schlußverkaufszeiten ins Foyer des Bezirksamtes stürzt, blieb aus. Vergleichsweise spärlich tröpfeln die Eimsbütteler Heiratswilligen im Wartezimmer ein. Schon um Viertel nach acht ist der größte Andrang bereits vorüber. Die jungen Pärchen sind mit ihren gewünschten Terminen abgezogen. Im Wartezimmer bleiben etwas verloren zwei werdende Gatten zurück, die sich hinter Aschenbecher oder Plastiktüte verschanzt haben.
„Meine zukünftige Frau muß arbeiten“, erklärt einer von den dreien. Deshalb sei er alleine gekommen. Auf dem Schoß hält er eine Plastiktüte, in der „alles drin ist, was man so zum Anmelden braucht“. Hans Wilhelm Janßen war nicht so gewissenhaft: Er vergaß in der Aufregung, daß die Anmeldung zur Hochzeit 80 Mark kostet. Also mußte der 50jährige wohl oder übel noch einmal los, um eine Bank ausfindig zu machen.
Etwas gestreßt, aber glücklich hält er wenig später seine Anmeldebestätigung in den Händen. Schließlich hat der 9.9.1999 für Hans Wilhelm eine ganz besondere Bedeutung: „Meine zukünftige Frau, ich und unsere gemeinsame Tochter haben alle im September Geburtstag“, erzählt er. „Außerdem habe ich gehört, daß die Neun in China ein Zeichen für Ewigkeit ist.“ Das sei zwar kein Garant für dauerhaftes Eheglück, meint er, „aber zumindest ein gutes Omen.
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