piwik no script img

Für Private greift Verursacherprinzip

■ Neues Abfallkonzept vorgestellt / Müllgebühren steigen

Die privaten Haushalte sollen für die alten Sünden der Hamburger Müllpolitik blechen: „Zum 1. Januar 1996 steigen die Gebühren für Hausmüll“, fand Stadtreinigungs-Sprecher Gerd Rohwehder gestern keine beschönigenden Worte für seine unerfreuliche Botschaft.

Ob dies nur der Anfang einer Gebühren-Steigerungsserie ist und um wieviel Prozent erhöht wird, will Rohwehder erst Anfang Oktober verraten. Zu diesem Zeitpunkt hatte er die Katze aus dem Sack lassen wollen, doch Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) kam ihm gestern zuvor. Bei der Vorstellung des Entwurfs zum neuen Hamburger Abfallwirtschaftsplan – er löst den längst überfälligen von 1989 ab – erklärte Vahrenholt, Hamburg müsse die Altlasten-Sanierung auf den ehemaligen Mülldeponien Höltigbaum und Neu-Wulmsdorf über Gebühren finanzieren.

„Da es sich um Hausmüll-Deponien handelt, werden die Sanierungskosten verursachergerecht ausschließlich auf die Hausmüllgebühren umgelegt“, kündigte Rohwehder an. Bei 77 Millionen Mark – sie sind laut Vahrenholts Prognose in den nächsten zehn Jahren für die Sanierung fällig – dürfen sich die HamburgerInnen auf saftige Preise einstellen. Dagegen soll der Gewinn aus dem geplanten Verkauf der Müllverbrennungsanlage Stapelfeld in dreistelliger Millionenhöhe nicht für die Sanierung verwendet werden, sondern das 1,3 Milliarden-Loch im städtischen Haushalt 1996 verkleinern.

Von den Deponien will sich Hamburg künftig „nicht mehr abhängig machen“, verkündete Vahrenholt. Sein neuer Abfallwirtschaftsplan – er soll noch in diesem Jahr durch Senat und Bürgerschaft gehen und die Müllpolitik bis 2000 bestimmen – steht unter dem Motto: verbrennen, verbrennen und ein bißchen vermeiden. Mit dem Bau der vierten von Hamburg benutzten Müllverbrennungsanlage am Rugenberger Damm solle 1996 begonnen werden. Kompostieranlagen für Bioabfälle innerhalb Hamburgs werden „nicht weiter verfolgt, weil es kostengünstigere Angebote im Umland gibt“.

Grundlage für den Abfall-Plan und seine Prognosen sind die Müll- und Bevölkerungsentwicklung seit 1989: Die Einwohnerzahl stieg um 80.000 Menschen, der Müllberg vergrößerte sich absolut gesehen; dank Wertstoff-Erfassung ging die Menge der zu beseitigenden Siedlungsabfälle jedoch von 1.005.000 Tonnen (1989) auf 887.000 Tonnen (1994) zurück. Pro Einwohner waren das 306 Kilogramm (1989) bzw. 267 Kilogramm (1994) Hausmüll jährlich. 1994 wurde erstmals mehr Restmüll verbrannt als deponiert. Für die kommenden Jahre rechnen die Abfallplaner mit rund 1,5 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr, von denen 550.000 bis 820.000 Tonnen verwertet und der Rest beseitigt werden sollen.

Mit dem neuen Abfallwirtschaftsplan wird die Beseitigung des Hamburger Mülls in regionalen Anlagen verbindlich festgeschrieben. Zusätzlich will Vahrenholt in diesem Herbst einen entsprechenden Gesetzentwurf in die Bürgerschaft einbringen: „Der Müll-Tourismus muß ein Ende haben.“ Abfall müsse dort verwertet werden, wo er herkomme. Wie weise. hh

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen