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Faustische Klänge in Metall

Metallic-Sound und superweicher Soul – als Zeremonienmeister der Verführung bestimmte Fun Lovin' Criminals' Frontman Huey im ColumbiaFritz die Tonart der unendlich dehnbaren Grenze der Coolness  ■ Von Thomas Winkler

Da wirft man sich extra in Schale und dann das. Ausgerechnet Huey, der zusammen mit seinen ebenfalls nur Vornamen besitzenden Kollegen von den Fun Lovin' Criminals erst vor kurzem für die Modestrecke im amerikanischen Rolling Stone posierte, sonst mit Schuhen von Gucci und in Versace-Anzügen durch die Popgeschichte spaziert, trägt ein schlicht schwarzes, kurzärmeliges Hemd und vor allem: keinen Haarschnitt. Das ist keine Frisur, das ist ein rausgewachsenes Etwas.

Da vorne auf der Bühne des ColumbiaFritz (an die Räumlichkeiten kann man sich leicht gewöhnen, an diesen bekloppten Namen niemals) steht nicht etwa das personifizierte Stilbewußtsein, wie es sich gehören würde für jemanden, dem Barry White angeblich das Leben gerettet hat, wie Huey millionenfach gepreßt und verkauft behauptet, sondern ein freundlich ungepflegter Knuddelbär, den man die ganze Zeit tätscheln möchte. Das ist übrigens auch genau die eine Hälfte von Hueys Persönlichkeit. Die andere ist der aalglatteste Entertainer von hier bis Julio Iglesias. Wenn der Mann erzählt, wir seien das beste Publikum der Welt, dann glauben wir auch, wir seien das beste Publikum der Welt, selbst wenn wir genau wissen, daß er morgen in Hannover genau dasselbe erzählen wird.

Das 800 Menschen fassende ColumbiaFritz ist nahezu ausverkauft, demnächst werden die Fun Lovin' Criminals nach London weiterreisen, wo sie, wie der Berliner Veranstalter erzählt, fünfmal hintereinander eine Venue für mehr als 2.000 Personen füllen werden. Ihr Erfolg gründet sich darauf, daß sie mal eine ausgebleichte Version von HipHop und Soul anbieten, um sofort anschließend schamlos Schweinerock regieren zu lassen. Wo andere versuchen, die Genres im Crossover miteinander zu versöhnen, veranstalten die Fun Lovin' Criminals einen Spagat, der niemals weit genug sein kann. Hierzulande gehen sie damit sogar als authentisch durch, bei ihnen zu Hause in New York dürfte sich ein Gutteil der Hörer verarscht gefühlt haben. Für Platin hat es trotzdem gereicht.

Den Beginn des Konzertes bestreiten sie allerdings vor allem mit ihren metallenen Fähigkeiten. „Scooby Snacks“, der Song mit dem „Pulp Fiction“-Sample von der Debüt-Platte „Come Find Yourself“, verursacht einen Moshpit vor der Bühne, der einem Metallica-Konzert würdig wäre. Erst anschließend lösen sie das Versprechen ein, das ihre letzte Platte „100 % Colombian“ gegeben hat. Jetzt wird die Atmosphäre von Mafia-Filmen und Polizeiserien aus den 70ern so was von samtweich vertont, daß selbst der butterweiche Augenaufschlag von Huey kaum noch angemessen wirkt. Da macht es auch keinen Unterschied, ob tatsächlich die Frauen der Gegenstand dieser Superdupersoulsongs sind oder wie in „Sugar“ ein Hund, der treueste Gefährte des Menschen. Wenn das, was sich heute Soul nennt, ein Softsexfilm ist, sind die Fun Lovin' Criminals Hardcore-Porno.

Ob beim Ausloten, was an Watteweichheit möglich ist, oder bei den Metal-Anfällen: Für die Fun Lovin' Criminals gibt es keine Grenzen des schlechten Geschmacks, sondern bestenfalls die Grenzen der Coolness, und die scheinen unendlich dehnbar, solange unser Freund und Zeremonienmeister Huey die Spielregeln bestimmt.

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