: Schröder verteilt Bonbons in Europa
■ Taktische Vorbereitungen auf EU-Gipfel: Geld für London, Einfluß für Paris
Paris/Brüssel (AP/rtr) – Vor dem Hintergrund der EU-Krise gibt sich die Bundesregierung entschlossen, den Berliner EU-Gipfel nächste Woche erfolgreich abzuschließen. Deutschland legte am gestrigen Freitag ein neues Kompromißpapier zur EU-Finanzierung vor, das von den EU-Außenministern am Sonntag beraten werden soll. In dem Kompromißpapier, das der Nachrichtenagentur Reuters vorlag, wird unter anderem erstmals ein Fortbestand des britischen Sonderrabatts vorgeschlagen.
Allerdings sollen geänderte Berechnungsgrundlagen ermöglichen, daß er in Zukunft absinken kann. Weiter sieht das Kompromißpapier vor, die Agrarausgaben näher an den 40,5 Milliarden Euro pro Jahr zu orientieren, die Schröder auf dem informellen EU-Gipfel im Februar in Bonn vorgeschlagen hatte. Unter den verschiedenen vorgeschlagenen Möglichkeiten ist auch eine Absenkung der Beiträge aller Beihilfen um ein Prozent. Bei den Strukturbeihilfen wird in dem Papier erneut ein Finanzrahmen zwischen 190,5 und 216 Milliarden Euro für die nächsten sieben Jahre vorgeschlagen.
Während Deutschland somit bei der Finanzfrage Großbritannien entgegenkommt und die französischen Bedenken weiterbestehen, signalisiert Bonn Zusammenarbeit mit Paris in der Debatte um die Zukunft der zurückgetretenen EU-Kommission. Bei einem Zusammentreffen in Paris sagten Frankreichs Staatschef Jacques Chirac und Bundeskanzler Gerhard Schröder, daß sie sich auf Kandidaten für den künftigen EU- Kommissionspräsidenten verständigt hätten. Chirac sagte: „Der Kanzler und ich sind einer Meinung über mögliche Kandidaten.“ Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am Freitag abend, der frühere italienische Ministerpräsident Romano Prodi habe sich zur Übernahme der EU-Kommissionspräsidentschaft bereit erklärt, wenn alle 15 Staaten zustimmen.
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