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Prinz und Zar retten Kirch

■ Silvio Berlusconi und der saudiarabische Prinz al-Walid steigen mit Millionenbeträgen beim Kirch-Imperium ein. Abo-Sender Premiere wird eingekauft und soll mit DF1 zusammengehen

München (AP/AFP/rtr/taz) – Seid umschlungen, Millionen (D. Duck): Abermals erhält das angeschlagene Medienimperium des Münchner Unternehmers Leo Kirch tatkräftige Hilfe von außen. Mit jeweils 375 Millionen Mark übernehmen die Fernsehholding Fininvest des italienischen Medienzars Silvio Berlusconi und der saudiarabische Prinz al-Walid bin Talal el Saud je 3,19 Prozent von KirchMedia, in der unter anderem der Film- und Sportrechtehandel der Gruppe zusammengefaßt ist. Beide Partner sollen ein Mitglied des sechsköpfigen Aufsichtsrates der KirchMedia stellen. Bei einem Börsengang, der nach Angaben des Unternehmens binnen drei Jahren geplant ist, hat Fininvest die Option, seinen Anteil zu erhöhen.

Zusätzlich investiert Berlusconis Mediaset 380,5 Millionen Mark in eine neue gemeinsame Holding. Das European Television Network (ETN) solle die Produktion, den Erwerb und den Vetrieb von Filmen und Fernsehprogrammen in Europa sowie auf internationaler Ebene stärken, erklärte die Kirch-Gruppe. Außerdem wolle man in Deutschland, Italien und Spanien die Aktivitäten auf dem Gebiet der Werbezeitvermarktung bündeln. Dieser umfasse rund zwei Drittel des kontinental-europäischen Werbevolumens und decke etwa 200 Millionen Zuschauer ab. Die Vereinbarung müsse noch von den zuständigen Kartellbehörden genehmigt werden.

Kirch bringt in die gemeinsame Holding eigenen Angaben zufolge ihre Lizenzhandelsgesellschaft BetaFilm ein, die die Exklusivrechte für den internationalen Vertrieb der Fernseh- und Filmrechte von KirchMedia erhalte. Der Gesamtwert der Transaktion wurde mit 530 Millionen Mark beziffert. Zudem überführe KirchMedia ihre Beteiligung an dem US-Filmstudio New Regency im Wert von 67 Millionen Mark.

Mediaset investiere für eine indirekte Beteiligung am Fernsehsender Sat.1 von 14,45 Prozent 245 Millionen Mark. Die neue Holding ETN sei indirekt mit 28,9 Prozent an Sat.1 beteiligt.

Den Geldregen will der 72jährige Kirch für die Übernahme des digitalen Abosenders Premiere verwenden, aus dem sich Bertelsmann weitgehend zurückzieht. Wie der Spiegel berichtet, übernimmt Kirch von der Bertelsmann- Tochter CLT-Ufa für 1,2 Milliarden Mark 32,5 Prozent der Premiere-Anteile. Premiere soll anschließend mit Kirchs hochverschuldetem Pay-TV-Sender DF1 zusammengeführt werden.

Wer in diesem Zusammenhang das bessere Geschäft gemacht hat, wird sich zeigen. Beim Medienkonzern Bertelsmann begrüßt man laut Spiegel den Ausstieg aus dem Pay-TV und spricht nach den Anlaufverlusten von Bertelsmann im deutschen Pay-TV von rund 600 Millionen Mark von einer „profitablen Desinvestition“, so Bertelsmann-Vorstand Michael Dornemann. Nach dem unterzeichneten „shortform agreement“, das nächste Woche bei einem Notar in Basel perfekt gemacht werde, habe die CLT-Ufa auch eine Verkaufsoption für die restlichen fünf Prozent am Premiere-Kapital.

Zugleich habe das Unternehmen mit Kirch einen Zehnjahresvertrag für die Lieferung von Filmen und Fußballrechten vereinbart. Pay-TV sei zum „riskanten Glücksspiel“ geworden, das sich für Kirch erst in fünf, sechs Jahren rechnen werde, sagte CLT-Ufa- Chef Rolf Schmidt-Holtz. „Die Trennung von Premiere macht unser Leben einfacher.“

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