piwik no script img

Haushalt 2000: Sparen, sparen

■ Grüne lehnen höhere Mehrwertsteuer ab

Berlin (taz) – Die maßgeblichen grünen Finanzpolitiker des Bundestages lehnen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vehement ab. „Das wäre doch pervers, wenn man die Familien erst entlastet und ihnen dann über die Mehrwertsteuer das Geld wieder aus der Tasche zieht“, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses Christine Scheel der taz.

Scheel reagierte damit auf Berichte, wonach die Regierung eine Anhebung der Steuer (derzeit 16 Prozent) plane. Der Spiegel zitiert in seiner heutigen Ausgabe einen Minister, ohne den Namen zu nennen, mit den Worten: „Wenn man eins und eins zusammenzählt, dann weiß man, daß das kommt.“ Der neue Finanzminister Hans Eichel (SPD), der sein Amt Anfang April antreten soll, habe die Anhebung der Mehrwertsteuer bereits fest eingeplant. Der Sprecher des Finanzministeriums Torsten Albich sagte dazu gegenüber der taz: „Es gibt keine Festlegungen.“

Die Mehrwertsteueranhebung sei notwendig, hieß es, um die Steuerreformen zu finanzieren, die ab Januar 2000 Unternehmen und Familien erhebliche Entlastungen bringen sollen. Das Verfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber vor wenigen Wochen aufgetragen, Haushalte mit Kindern im Gegenwert von über 20 Milliarden Mark steuerlich besserzustellen. Wie diese Mittel erwirtschaftet werden soll, ist bislang ungeklärt. Eine Mehrwertsteuererhöhung um einen Prozentpunkt brächte rund 15 Milliarden Mark in die Staatskassen – jeweils zur Hälfte in die der Länder und des Bundes.

„Da wird doch eine uralte Sau durchs Dorf getrieben“, sagte der Steuerfachmann der grünen Bundestagsfraktion, Klaus Müller. Es existiere kein Zusammenhang zwischen Familien- sowie Unternehmenssteuerreform auf der einen und Mehrwertsteuer auf der anderen Seite. „Es gibt andere Finanzierungsmöglichkeiten, die durchgezogen werden müssen“, verwies Müller auf die grüne Marschroute für den Bundeshaushalt für das Jahr 2000: Sparen, sparen, sparen. „Wenn wir irgendeinen Minister zum Sparen bewegen wollen, dann ist eine Debatte um die Mehrwertsteuer dafür tödlich.“

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans-Georg Wagner, meinte hingegen, es bedürfe einer „ziemlich strammen Gegenfinanzierung“, um die Steuervorhaben und ein ausgeglichenes Bundesbudget zu verwirklichen. Wagner nannte bereits einen Termin für die Anhebung der Mehrwertsteuer: „Am 30. Juni wird der Haushalt für das Jahr 2000 vorgelegt“, sagte er, „dann muß Klarheit und Wahrheit herrschen.“ Christian Füller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen