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„Tschüss“ sagt die Tonne

■ Bremer Entsorgungsbetriebe verabschieden sich von der Altbatterien-Entsorgung und pinkeln darob den Einzelhandel an / Dort wird man „in den vierten Stock“ geschickt

Einfach toll, die Presse-Heinis von den Bremer Entsorgungsbetrieben (beb). Jetzt sagen die einfach „tschüss!“ – der Umwelt zuliebe. „Tschüss!“ rufen sie auf 40 großen Schautafeln und verabschieden damit lässig 40 Sammelbehälter, die bisher an den Schulen und Verwaltungen die Bremer Altbatterien schluckten.

Nun könnte so mancher doofe Presse-Fritze von der taz sowas als boshaften Anschlag auf Mutter Natur verstehn: Uns einfach unsere paar Altbatterie-Container zu klauen! Doch ganz im Gegenteil! So konnte er gestern bei der Pressekonferenz der beb lernen: Pressing ist das, Nachvorneverteidigung mitten rein in die veröffentlichte Meinung. Schändlich nämlich ist, recht besehen, nicht das Verhalten der Entsorgungsbetriebe, die „schon mal tschüss!“ sagen und jetzt 90 Prozent ihrer Altbatterie-Container aus der Öffentlichkeit abziehen – schändlich ist die Ignoranz der Bremer Wirtschaft. Dies zum Beweis hat sich die beb Bremens Verbraucherzen-trale mit ins Boot geholt (“Wir arbeiten häufig und gerne zusammen“, sagt deren GeschäftsführerinIrmgard Scharnecki) und die hat jetzt mit schönen, statistischen Torten bewiesen: Die wirklichen Umweltschwei-ne sitzen in Kaufhäusern, Supermärkten und Batteriefachgeschäften.

Seit Oktober letzten Jahres gibt es nämlich die Batterieverordnung „BattV“, und die besagt, daß nicht nur das Batterien-wegschmeißen strafbar ist (hörthört), sondern das Batterien-Nicht-Wieder-Zurücknehmen.

Mit Stichproben bei 75 (von 2.000) Bremer Batterie-Vertreibern haben die beb-Freunde von der Verbraucherzentrale nun die Umsetzung dieser Verordnung getestet und zeigten sich gestern auf der Pressekonferenz gar nicht amused. 37,3 Prozent der überprüften Geschäfte (absolut: 28 Bremer Läden) nahmen zwar die Batterien an, „hatten aber weder Informationen parat, noch Sammelbehälter aufgestellt!“ Ein Geschäft wollte sogar nur die Batterien annehmen, die dort auch gekauft wurden!! Das! ist! strafbar! Man schaue nochmals in die BattV: Mit „lesbaren Schrifttafeln“ müssen Bremer Unternehmen direkt an ihren Batterie-Verkaufsstellen „leicht“ erkennbar machen: Hier den giftigen Sondermüll entsorgen!

Die Gegenprobe der taz in drei (von 2.000) Geschäften bestätigt den Verbraucher-Skandal. Keine lesbare Schrifttafel, nix! Stattdessen hundsgemeines Personal. Bei Karstadt und Kaufhof wird man schon am Eingang mit professionellem Lächeln unters Dach geschickt: „Hier unten – nein, nein! Da müssen Sie schon in' Vierten. Bißchen dumm, ne?“ Originalkaufhofzitat, kein Witz. Und dabei stehen zwischen Untergeschoß und Dachetage an jeder möglichen und unmöglichen Stelle (mitten im Taschenlampenregal!) die kleinen, grünen Plastikeimerchen rum und verkünden mit dünner Aufschrift „Hier unentgeltliche Altbatterienrücknahme“. Muß man nur ein Auge für haben. Die Alternative: Man läßt sein Gift einfach bei der netten Frau von Petra Creation stehen (Vorsicht: Strafbar!).

Keine Alternative dagegen ist die beb. Die muß nach BattV zwar genau wie die Händler „schadstoffhaltige Batterien unentgeltlich annehmen“. Wo sie das tut, aber schreibt sie lieber nicht unter das „tschüss“ auf ihren gut „lesbaren Schrifttafeln“ (ob Frau Scharnecki von der Verbraucherzentrale das aufgefallen ist?). Vier letzte Abgabestellen werden die Entsorger sich ab dem 1. Juni noch leisten und wollen „die GebührenzahlerInnen“ auf diese Weise um 150.000 Mark im Jahr entlasten. Durch Gebührenabbau? Nein, nein, „wir kämpfen darum, daß die Müllgebühren stabil bleiben“, so der nette Reinhard Holtin von den beb. ritz

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