Heilt das richtige T-Shirt Alkoholismus?

■ Ausnahmezustand mit Tine Wischer in der Neustadt, Raketen über Freudental: Blohm und Voss fühlen sich mit und ohne Alkohol auf Partys nicht mehr richtig gut

'I Feel Good', eine alkoholfreie Party im Modernes, und alternativ dazu ein Konzert mit Rocket/Freudenthal und dem One String Man im Tower waren die beiden konträren Möglichkeiten, sich letzten Dienstag in Bremen zu amüsieren. Dr. Blohm und Günter Voss ließen keine Chance ungenutzt verstreichen. Doch dann versanken sie in inzestuöser Selbstbeweihräucherung. Und das kam so: Nachdem sich Dr. Blohm bereits eine Weile im Modernes herumgedrückt hat, trifft er endlich Voss, beladen mit Taschen voller Werbeschnickschnack, der ihm auf der Cebit angedreht wurde.

Voss: 'N Abend Herr Doktor! Sie sehen bedrückt aus.

Blohm: (düster) Es gibt Krieg, Voss.

Voss: Und, wie gehen sie hier in der Neustadt damit um?

Blohm: Nun, der Evangelische Hausfrauenbund, das Zentrum für Suchtprävention und die Senatorin für Frauen, Gesundheit und einige andere Dinge geben ja hier eine nette Party.

Voss: Und es gibt wirklich keinen Alkohol?

Blohm: Keinen Tropfen! Dafür gibt es alkoholfreie Cocktails, eine Streßwurfbude und Canapés, und alles bei freiem Eintritt.

Voss: Canapés?

Blohm: Kleine geröstete Weißbrote mit Käse, Lachs oder Krabben auf silbernen Tabletts, dargereicht von 12jährigen Mädchen.

Voss: Ich dachte ...

Blohm: Ist schon klar, was sie gedacht haben, aber wenn sie sitzen wollen, müssen sie mit einfachen Hockern vorlieb nehmen.

Voss: Hier scheinen nur Eltern zu sein, die schon immer mal mit ihren Kids in die Disco gehen wollten.

Blohm: Sehr richtig. Und die meisten von ihnen haben auch schon Reden gehalten oder sich als Veranstalter entpuppt. Ich habe ja, weiß Gott, nichts gegen Aufklärung, auch wenn Suchtprävention für mich schon zu spät kommen mag. Aber hier predigen sozusagen die Guttempler den Blaukreuzlern.

Voss: Das ist ja alles schön und gut, aber ich dachte, wir gehen auf eine Party.

Blohm: Laut Programm kommt nach der Samba-Gruppe Disco mit Jens Mader. Es kann gar nicht mehr lange dauern. Die ersten Eltern versuchen schon, ihre Kinder zu disziplinieren.

Voss: Dabei sind die die einzigen, die hier Party machen.

Blohm: Was sollen 12-jährige um diese Zeit auch sonst machen als umherzutollen?! Ansonsten lägen die doch schon seit einer Stunde im Bett.

Voss: (studiert das Programm) Haben sie eigentlich den Vortrag von Herrn Dr. Kruse gehört? „Brauchen blöde Bürger Bölkstoff?“

Blohm: Nein, aber die Antwort versteht sich doch von selbst. Blöder Bürger oder nicht, ich würde jetzt ja schon ganz gern, sie wissen schon ...

Voss: Gehen wir!

Blohm: Aber nicht ohne eines der kostenlosen 'IFeel Good'-Shirts mitzunehmen. Wofür zahle ich schließlich Steuern! (beide ab)

Wenig später im Tower bei Rocket/Freudental und dem One String Man ...

Blohm: Ich weiß nicht, ob ich für diesen ganzen Trash nicht langsam zu alt werde.

Voss: Grämen sie sich nicht, Dr. Blohm. Wie schon C3-PO sagt: „Wir sind halt zum Leiden geboren.“

Blohm: Wenn uns die 'Party' vorhin beweisen sollte, daß ein alkoholfreier Abend auch amüsant sein kann, dann ist dieser Beweis ebensowenig gelungen, wie diese Veranstaltung den Umkehrschluß untermauern könnte. Eine einsaitige Gitarre, die üblichen Szene-Funktionäre, die bei solchen Anlässen ja ganz gern unter sich sind, und die Amüsierschwelle ist auch hier erstaunlich hoch.

Voss: Kann denn ein Mann in dieser Stadt nicht einfach seinen Spaß haben?!

Blohm: Anscheinend nicht ohne flankierende Maßnahmen. Die einen wollen uns beweisen, daß man sich auch prächtig ohne Alkohol amüsieren kann, und hier soll uns weisgemacht werden, man müsse Musik nur auf Kinderinstrumenten und Mülleimern spielen, schon wäre für gute Laune gesorgt. Ich halte beide Ansätze für bedenklich.

Voss: Was machen eigentlich gerade sie mit einem T-Shirt mit 'I Feel Good'-Aufdruck und einem blauen Kater?

Blohm: Ich werde es einer betrunkenen jungen Dame schenken! Und sie?

Voss: Frau Wischer wäre stolz auf Sie! Ich werde damit mein Auto putzen.

Blohm: Ich liebe ihren Sinn für die kleine Rebellion im Alltag.

(Versäumen Sie nicht die nächste Folge: „Die Erbschaft – Ich hab' noch einen Koffer in Genthin“. Seit wann hat Voss ein Auto? Was erzählt Blohm der betrunkenen jungen Dame? Und wer ist der Mann mit der abgewetzten Lederjacke?)