: Mehrwertsteuer rauf? Abwarten
■ Der designierte Finanzminister Eichel will nach Steuerschätzung im April Bilanz ziehen. Koalitionspolitiker schließen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer weiterhin nicht aus
Bonn (AP) – Der designierte Bundesfinanzminister Hans Eichel will künftige Steuerbeschlüsse von der für Ende April erwarteten Steuerschätzung abhängig machen. Eichel habe am Vortag in der SPD-Fraktion berichtet, erst dann wolle er eine Bilanz ziehen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Wilhelm Schmidt am Mittwoch in Bonn. Sicherlich werde die Mehrwertsteuer nicht erhöht, wenn es nicht nötig sei oder die EU Deutschland nicht dazu zwinge.
Allerdings räumte Schmidt ein, daß jedes Prozent der geplanten Unternehmenssteuersenkung Steuerausfälle mit sich bringe. Als erster Schritt zum Ausgleich müsse aber Sparen stehen, beispielsweise durch Stopfen weiterer Schlupflöcher. Schmidt betonte, wer sich in der rot-grünen Koalition für Steuersenkungen stark mache, müsse auch Vorschläge machen, wie er den Steuerausfall kompensieren wolle.
Die Grünen schlugen erneut vor, die Kilometerpauschale abzuschaffen und durch eine Entfernungspauschale zu ersetzen. Die parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin Kristin Heyne sagte der Leipziger Volkszeitung: „Die bisherige Regelung mit der Kilometerpauschale von 70 Pfennig bevorzugt einseitig die Benutzung des Autos zur Fahrt zum Beruf, und sie fördert den Tatbestand der Steuerhinterziehung, da sie im einzelnen nicht überprüfbar ist.“
Der Haushaltsexperte der Grünen, Oswald Metzger, sagte der Hamburger Zeitung Die Woche: „Wer jetzt die Mehrwertsteuer erhöht, gehört verprügelt.“ Eine Erhöhung sei allenfalls denkbar, um gleichzeitig die Einkommens- und die Unternehmenssteuer zu senken. Ein „Webfehler“ der letzte Woche verabschiedeten Steuerreform sei, daß diese Steuersätze zu wenig gesenkt worden seien. Metzger sprach sich außerdem dafür aus, das Ehegattensplitting bei der Steuererhebung abzuschaffen. Er forderte einen rigorosen Sparkurs des Bundes. „Alles muß auf den Prüfstand, alle Subventionen und Sozialabgaben.“ Handlungsbedarf sieht der Grünen-Politiker nach Angaben des Blattes bei Wohngeldvergabe und Beamtenpensionen.
Wegen der nicht abreißenden Debatten über eine mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer und dem Umfang der in Aussicht gestellten Unternehmenssteuerreform nannte es die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Gerda Hasselfeldt, „höchste Zeit, daß der Bundeskanzler von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch macht und Klarheit schafft, wo der steuerpolitische Kurs der Bundesregierung hinführt“. Die derzeitigen Debatten verunsicherten Bürger und Unternehmen.
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