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Baustellenreport Bahnhofsplatz Bremen

■ Während 1.500 Bauarbeiter in Bremen arbeitslos sind, schuftet zum Beispiel auf dem Bahnhofsplatz eine Multi-Kulti-Gesellschaft – unter Tarif, illegal, wie auch immer

Andreas V. ist in Zwickau arbeitslos gemeldet, das Arbeitsamt dort hat ihm das Angebot einer achtwöchigen „Trainingsmaßnahme“ gemacht: „Vermittlung von Kenntnissen in Gartenbau, Gartenpflege, Neupflanzungen“. „Gartenbau? Nee“, sagt er, von der taz angesprochen. Damit hatte er im Rahmen seiner Maßnahme nie zu tun. Er steht am Bremer Bahnhofsplatz und macht Pflasterarbeiten. Weiß das Arbeitsamt das? „Die sind froh, wenn sie einen vermitteln.“

Hundert Meter weiter kniet ein Kollege aus Chemnitz. Auch er, gelernter Maurer, hat bei der Firma „Garten- und Landschafts- und Pflasterbau“ eine „Trainigsmaßnahme“ für den Gartenbau und setzt auf Arbeitslosenhilfe gerade am Bremer Bahnhofsplatz Kanaldeckel – im Schatten des Tivoli-Hauses, in dem die Sozialbehörde residiert.

Klaus Rahns, für die Mitgliederbetreuung auf Baustellen zuständiger IG Bau-Mann, geht jeden Tag über Baustellen. „Das ist hier bald wie in Berlin“, sagt er. Mal trifft er auf einen Trupp Italiener, „die reden kein Wort deutsch“, oder sie tun so und wollen auf die Frage, was sie verdienen, dem Gewerkschafter nichts sagen. Vor dem Mercury-Hotel haben in den vergangenen Tagen Österreicher, die auch der Gewerkschaft keine Auskunft geben wollten, den Gehweg gepflastert – Stolper-Wellen und unschön großen Fugen. „Eine reelle Steinsetzerfirma müßte das wieder rausreißen“, sagt Arnold Reiners, der für die IG Bau auf dem Bahnhofsplatz jeden Tag eine Stunde Beratung anbietet.

Rausgerissen wurde gestern früh ein Stück neues Pflaster zwisschen den BSAG-Haltestellen. Fünf Engländer stehen gelangweilt da. Sie seien durch „Thomas“, einen in Belgien sitzenden Subunternehmer, hierher gekommen, ein guter Leistungslohn wurde versprochen. Fahrkosten und Unterkunft müssen sie davon selbst bezahlen. Aber in Bremen angekommen, „wußte niemand, daß wir kommen“. Und dann sollten sie eben das Pflaster machen. „Das können wir nicht“, sagt der Engländer offen. Und dann war plötzlich ein anderer Subunternehmer zuständig und sagte, sie sollen alles wieder rausreißen. „Und jetzt wissen wir nicht: Bekommen wir das eigentlich bezahlt?“ Das soll der Mann in Belgien klären, solange warten die Engländer in der Sonne. Der Gewerkschaftsvertreter bietet Hilfe an. „Was für eine Gewerkschaft?“ Mit Gewerkschaften will er nichts zu tun haben.

„Das sind alles Kollegen“, sagt Klaus Rahns von der IG Bau, „aber wir haben arbeitslose Steinsetzer in Bremen.“ Die IG Bau will ordentliche Arbeitsbedingungen durchsetzen, dann haben die hiesigen Arbeitslosen eine Chance, denn jeder angereiste Arbeitnehmer kostet den Subunternehmer „Auslöse“ für Unterkunft und Verpflegung, 50 Mark oder mehr pro Tag. Für die Unternehmen „lohnt“ sich das nur, wenn der Lohn so weit niedriger als der Steinsetzer-Tariflohn von 25 Mark ist, daß die „Auslöse“ und eine Marge für den Subunternehmer davon bezahlt werden können.

Die Kontrolleure vom Arbeitsamt haben kürzlich am Bahnhofsplatz Steinsetzer aus Osteuropa ohne Arbeitsgenehmigung auffliegen lassen. Ob Tariflohn gezahlt wird, kontrollieren sie natürlich nicht, nur den Mindestlohn von 16 Mark. Dazwischen liegt die Verlockung für das Geflecht der Subunternehmer. Aber auch beim Arbeitsamt geht man davon aus, daß mancher für weniger arbeitet, aber „ein Nachweis ist so gut wie nie zu erbringen“. K.W.

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