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Draußen ist immer noch ein Mann unterwegs  ■   Von Elke Wittich

Ein gemütlicher Fernsehabend geht ungefähr so: Man hat eine interessante Sendung gefunden und schaut sie an, bis sie zu Ende ist. Dann schaltet man entweder um oder aus. Leider gehen jedoch nur gemütliche Fernseh-Abende according to women so – mit einem Mann in Ruhe vor dem TV-Gerät zu sitzen ist nicht möglich. Denn: Ein Mann kann einfach nicht fernsehgucken, ohne dabei die Fernbedienung ganz doll festzuhalten und auf ihr herumzudrücken.

Das führt zu einer klassischen „No win situation“, denn was immer man jetzt tut, den gemeinsamen Fernsehabend kann man vergessen. Falls man darauf besteht, die Umschalte nicht aus der Hand zu geben, wird er zunächst nervös hin- und herrutschen, dann in immer kürzeren Abständen quengeln: „Nun schalt' doch mal um, das ist ja nicht zum Angucken!“ und sich schließlich erheben und den Raum verlassen. Überträgt man ihm jedoch wirklich die Macht über die Kanäle, dann ist ebenfalls Schluß mit der Gemütlichkeit, selbst wenn sich der Mann zunächst zurückhält. Nur ein bißchen allerdings, denn sobald der zuständige Kommissar für den besonders grausamen vierfachen Serienmord zu seinem Untergebenen sagt: „Natürlich, daß ich da nicht gleich drauf gekommen bin, der Mörder heißt ...“ ist genau der richtige Moment für den Gewohnheitsumschalter gekommen, mal nachzusehen, was gerade bei den anderen Sendern los ist. Das hatte er zwar gerade erst vor fünf Minuten getan, als im Originalprogramm eine Leiche aus dem Wasser gefischt worden war, über die man gern mehr erfahren hätte – aber wer weiß schon so ganz genau, ob nicht irgendwo eine völlig neue Sendung begonnen hat.

Den Mann nun zurechtzuweisen lohnt sich nicht. Denn er ist von der Richtigkeit seines Tuns derart durchdrungen, daß er auf Vorwürfe nur mit verständnislosem Kopfschütteln reagiert. Und schließlich den Raum verläßt. Ein positiver Nebeneffekt dieses Dilemmas liegt einzig darin, daß man die Couch in jedem Fall für sich allein hat. Und nun in Ruhe fernsehgukken kann, allerdings nur, wenn man die Fernbedienung niemals aus den Augen läßt. Denn da draußen ist immer noch ein Mann unterwegs, der immer mal wieder den Raum betritt und sich sofort des kleinen herrenlosen Apparates bemächtigen wird. Und mit ihm herumschaltet. „Den Quatsch guckst du doch nicht wirklich!“, wird er das begründen, oder „Du guckst ja sowieso nicht hin – einem Mann zu erklären, daß man auch Fernsehen hören kann, ist aussichtslos. Nur manchmal hat man eine Chance, gemeinsam mit einem Mann im selben Zimmer zu sein und trotzdem eine Sendung bis zu Ende anzusehen: Wenn die Fernbedienungsbatterien sterben, was in Zapper-Haushalten überdurchschnittlich oft und meistens dann vorkommt, wenn Sendungen wie „Telekolleg Physik“ eingeschaltet sind.

Aber lange dauert solches Glück erfahrungsgemäß nie. Kaum hat man das Dargebotene verstanden, da schiebt sich auch schon eine Hand ins Blickfeld, drückt auf einen Knopf und schaltet um. Dorthin, wo eine Männerstimme gerade sagt: „Daß ich da nicht gleich drauf gekommen bin! Der Mörder ist ...“ – dann macht es aber auch schon zzzp, und das nächste Programm ist dran.

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