: Wer sich den Wolf radelt
Der Urlaub mit dem Zweirad boomt, professionelle Kleidung auch: von der Funktionsunterhose bis hin zu wasserdichten Socken ■ Von Judith Loeck
Ob organisiert oder individuell – der Urlaub mit dem Zweirad boomt. „Radreisen machen heutzutage nicht nur sportliche Jungdynamiker, sondern auch ältere Leute und Familien“, sagt beispielsweise Thorsten Haase, Geschäftsführer von Rückenwind-Reisen. „Das intensive Erleben der Regionen“, schwärmt Haase, „ist das, was Radreisen ausmacht.“ Eine Aussage mit doppeltem Boden, wissen Fachleute für Fahrradkleidung. Gerade ungeübte RadlerInnen, die zum ersten Mal auf große Tour gehen, berichteten von intensiven Erlebnissen der ganz anderen Art: Wundgescheuerte Weichteile zum Beispiel vergällen selbst das schönste Naturerlebnis.
Dabei lassen sich solcherart Beschwerden problemlos vermeiden – mit dem passenden Einsatz. Der war früher – VeteranInnen erinnern sich – aus Hirschleder, inzwischen dient Kunstfaser als Sitzflächenschutz. Und zwar hautnah: Bereits die „feuchtigkeitstransportierende Funktionsunterhose“, die der Langstrecken-RadlerIn den Baumwollschlüpfer ersetzt, verfügt über die angenehme Polsterung. Die Investition von etwa 50 bis 70 Mark lohnt sich, schließlich hat der Kunst-Stoff zudem die Fähigkeit, die Feuchtigkeit des Körpers von diesem abzuleiten – Haut und Hose bleiben auch bei schweißtreibenden Strecken trocken.
Bei der darüberliegenden Kleiderschicht spielen modische Erwägungen eine entscheidende Rolle. Offensiv-sportliche Reisende wählen die herkömmliche enganliegende Fahrradhose (ab 70 Mark aufwärts), ebenfalls mit schützendem Einsatz und, wie das dazu passende Trikot, aus dem gleichen Stoff wie die Funktionsunterhose. Hosen und Trikots gibt es in langer und kurzer Ausführung, wer Platz und Geld sparen möchte, legt sich Ärmlinge und Beinlinge zu – bei Bedarf werden diese an die kurze Hose und das kurzärmlige Trikot angeknöpft. Für RadlerInnen, die einen lässigen Freizeitlook vorziehen, gibt es inzwischen weitgeschnittene Shorts mit unsichtbarem Schutzpolster und passende Trikots (jeweils zwischen 60 und 140 Mark). Die bieten die gleichen Vorteile wie herkömmliche Funktionskleidung, sind aber, bis auf die professionell am Rücken angebrachten Taschen beispielsweise für Proviant und Landkarte, nicht als solche zu erkennen.
Wichtig für die Radreise ist der Regenschutz – nicht zuletzt aber auch eine Frage des Geldes. „Wenn man den ganzen Tag im strömenden Regen auf dem Fahrrad sitzt, müßte man schon zu den teureren Gore-Tex-Modellen für 430 Mark greifen“, rät Ulrich Gumpf von Globetrotter. „Auf einer etwas gemächlicheren Tour mit Pausen hier und da reichen aber auch die mittelklassigen Modelle für 200 Mark aus.“ Ein Pluspunkt für die nicht ganz so teuren Regen-Kombinationen ist, daß man sie platzsparend klein zusammenfalten kann.
Bleiben noch die nassen Füße. „Plastiktüten über den Schuhen und ein dickes Gummiband darüber“, verrät Jens Finder vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) sein „Rezept für Regentage“. Etwas professioneller wirken die sogenannten bike boots. Die sind zwischen 30 und 100 Mark zu haben und in höheren Preisklassen atmungsaktiver als Plastiktüten. Und wem es nur auf trockene Füße ankommt, der trägt wasserdichte Socken, die gerade frisch auf den Markt gekommen und mit knapp 80 Mark entsprechend teuer sind.
Ob all das wirklich unerläßlich ist, nur um eine Woche gemütlich die Mecklenburger Seenplatte abzuradeln, ist letztlich Geschmackssache. „Natürlich kann man das auch in Jeans und Pullover machen“, sagt Thorsten Haase. „Aber Funktionskleidung dient dem Komfort einer solchen Reise.“
Nicht zuletzt muß man schließlich jedes KiloGepäck mit sich herumfahren, und da hat die Funktionskleidung einen wesentlichen Vorteil: Weil sie aufgrund der Kunstfaser leicht waschbar ist und schnell trocknet, braucht man, von der Unterhose bis zum Trikot, alles höchstens in zweifacher Ausführung.
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