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IWF kommt nach Moskau

■ Kreditgespräche in Rußland, nachdem Primakow seine USA-Reise abgesagt hat

Moskau (rtr/taz) – Der Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, hat sich am Wochenende in Moskau mit Vertretern Rußlands getroffen, um über neue Kredite für das arg angeschlagene Land zu verhandeln. Rußland, das in diesem Jahr 17,5 Milliarden US-Dollar zur Bedienung seiner Auslandsschulden aufwenden muß und insgesamt mit 140 Milliarden US-Dollar verschuldet ist, ist auf eine schnelle Einigung angewiesen. Zusätzliche Hilfen verzögern sich jedoch seit Monaten, weil das Wirtschaftsprogramm der Regierung Jewgeni Primakow beim IWF auf wenig Gegenliebe stößt.

Die russische Regierung hofft, bei den Gesprächen einen Kredit in Höhe von fünf Milliarden US- Dollar herauszuschlagen und doch noch den Segen für ihr Wirtschaftsprogramm zu bekommen. Beides zusammen würde die russischen Gespräche mit anderen Kreditgebern erleichtern: Zentralbank- Chef Wiktor Geraschtschenko erklärte, eine Vereinbarung mit dem IWF würde grünes Licht geben für den Pariser und den Londoner Club, die auf eine Neuorganisation der russischen Schulden vorbereitet seien.

Daß Rußland dafür auch zu Zugeständnissen bereit ist, signalisierte Finanzminister Michail Zadornow noch kurz vor dem Eintreffen von Camdessus. Nachdem der IWF die für Juli geplante Kürzung des Mehrwertsteuersatzes kritisiert hatte, kündigte er an, die Regierung werde dem Parlament eine Verschiebung vorschlagen.

Keine Rolle spielen soll laut Camdessus bei den Gesprächen die Position Moskaus im Kosovo- Konflikt. Tatsächlich kann der Besuch Camdessus in Moskau, der bis Dienstag dauern soll, sogar als ein Schritt auf Rußland zu betrachtet werden: Eigentlich hatten die Kreditverhandlungen während einer USA-Reise von Premier Primakow stattfinden sollen. Primakow war jedoch noch auf dem Hinflug umgekehrt, als die Nato ihre Angriffe auf Jugoslawien begann. Ähnlich kompromißbereit wie der IWF-Chef zeigt sich auch Weltbank-Präsident James Wolfensohn: Er hat angekündigt, am 15. April nach Moskau zu kommen.

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