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Angolas Sicherheitsboom

■ Die internationalen Hilfsorganisationen greifen in dem südwestafrikanischen Land, in dem seit vergangenem Dezember wieder Krieg herrscht, verstärkt auf private Wachdienste zurück

Sie gehören zum Straßenbild Luandas wie die Schlaglöcher und die verfallenden Häuser: private Wachmänner, die das tun, was man der korrupten Polizei schon längst nicht mehr zutraut. Jede Bank, jedes Hotel, jedes bessere Geschäft und private Wohnhaus in der angolanischen Hauptstadt wird von ihnen rund um die Uhr bewacht. Grundsätzlich ist das in anderen afrikanischen Hauptstädten nicht anders. Auch in Maputo, Lusaka und Harare schützen sich die Bessergestellten durch Wachpersonal vor den Begehrlichkeiten der meist bettelarmen Mehrheit.

Während die Wächter dort aber meist sozusagen zum Haushalt gehören, hat sich in Angola das Geschäft mit der Sicherheit längst als Gewerbe etabliert. Schon 1991 holte die MPLA-Regierung unter Präsident Eduardo dos Santos die südafrikanische Söldnerfirma „Executive Outcomes“ ins Land, um die Ölfelder schützen zu lassen. Allein 40 Millionen Dollar sollen die ersten 12 Monate gekostet haben, und der Begriff „Wachschutz“ erwies sich durchaus als fließend. Denn später erhielt die Firma einen Vertrag, angolanische Regierungstruppen auszubilden, und konnte ein verzweigtes Netz von Tochterfirmen etablieren. Zwar mußte die Privatarmee 1995 das Land verlassen und ist offiziell jetzt auch in Südafrika verboten. Ihr Beispiel jedoch fand Nachahmer. Heute, so schätzt man, gibt es mindestens 20 private Wachschutzdienste in Angola, die vor allem an den ausländischen Ölkonzernen ein Vermögen verdienen.

Das Büro der Deutschen Welthungerhilfe in Luanda macht da keine Ausnahme. Immerhin 1.200 US-Dollar muß die nichtstaatliche Hilfsorganisation (NGO) im Monat dafür hinlegen, um ihr Hauptquartier und das Privathaus des Leiters vor Überfällen zu schützen. Je zwei Wächter der Firma Intercomercial Seguranca Industrial, die auch in den Zeitungen ihre Dienste anbietet, stehen in jeweils zwei Schichten 24 Stunden am Tag vor der Tür. Glücklich ist Projektleiter Bruno Friedrich damit nicht. „Aber das Umfeld erzwingt solche Maßnahmen“, sagt er.

Doch während man sich in Luanda vor allem vor Alltagskriminalität schützt, stellt sich jetzt die Frage nach der Sicherheit der Mitarbeiter aller Organisationen draußen im Land jeden Tag schärfer. Denn in Angola herrscht seit Anfang Dezember wieder Krieg. Regelmäßig treffen sich die NGOs in Luanda, um die Sicherheitslage zu besprechen und neueste Informationen zur militärischen Lage auszutauschen.

In einem Land, in dem jeder etwas und niemand etwas Genaues weiß und auch die Zeitungen meist nur von der Regierung gestreute Gerüchte kolportieren, wird die Arbeit der Hilfsorganisationen täglich schwieriger und gefährlicher. Zugleich wächst die Zahl der Flüchtlinge wieder drastisch an: 650.000 Menschen waren Anfang März nach UN-Schätzungen auf der Flucht im eigenen Land. Die Gebiete, die die Unita-Rebellen unter Jonas Savimbi kontrollieren, sind nun auch für die Helfer nicht mehr zugänglich, und viele Orte mußten bereits evakuiert werden. Lediglich die Hauptstadt und der schmale Streifen entlang der Küste sowie die meisten Provinzhauptstädte sind noch in Händen der Regierung – meist allerdings nur noch per Flugzeug erreichbar.

Noch einmal erschwert wird die Arbeit der Organisationen, wenn jetzt die letzten UNO-Blauhelme das Land verlassen. Zwar weint niemand der Beobachtermission Monua eine Träne nach. Einen gewissen Schutz allerdings stellte sie immer noch dar, und bislang wurden auch Hilfstransporte von Blauhelmen eskortiert. „Wir diskutieren derzeit, wie wir die Transporte künftig schützen können“, sagt Fernando da Costa Freira, Sprecher der UN-Koordinationsstelle für Humanitäre Hilfe (UCAH), im Land. Schon jetzt empfiehlt die UNO dafür die Beschäftigung von Privatfirmen. Sogar das Monua-Hauptquartier etwas außerhalb von Luanda wird bereits von ihnen bewacht.

Einzelne, vor allem neuere Organisationen in Angola wollen jetzt schon auf diesen Rat zurückgreifen, während die „alteingesessenen“ am liebsten auch künftig auf derartige Dienste verzichten würden. Der „Lutherische Weltbund“ (LWF) etwa hat „aus Prinzip“ keinerlei Wachschutzfirmen unter Vertrag, sondern beschäftigt nur privat vermittelte Wächter. Auch die Büros und Lebensmittellager der Deutschen Welthungerhilfe an ihren drei Projektstandorten außerhalb Luandas werden rund um die Uhr von lokalem Personal bewacht. Meist sind es ehemalige Soldaten, die eine von der Polizei zugelassene Waffe haben. Für Transporte über Land werden sie nicht eingesetzt.

„Bisher haben wir Personenschutz nicht benötigt“, sagt Projektleiter Friedrich. „Ich könnte mir aber in Situationen völliger Instabilität die punktuelle Ausleihe von privaten Truppen vorstellen.“ Je mehr sich die militärische Situation zuspitzt, desto stärker sind die ausländischen Helfer auf die Informationen und die enge Zusammenarbeit mit den örtlichen MPLA-Behörden sowie Militär und Polizei angewiesen – eine prekäre Abhängigkeit. Denn in den letzten Wochen haben die Überfälle auf Hilfstransporte zugenommen. Dahinter vermutet man meist halbverhungerte Regierungstruppen, die seit Monaten keinen Sold mehr bekommen haben. Kordula Doerfler, Luanda

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