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Gelder der EU für Söldnerfirmen?

■ Bei der Abteilung für humanitäre Hilfe der EU wird der Einsatz von Söldnerfirmen für den Schutz von Hilfsorganisationen diskutiert. Soll die WEU Polizeieinsätze planen?

Söldnerfirmen könnten bald Geld aus Brüssel bekommen, um in Krisengebieten humanitäre Hilfsorganisationen zu schützen. Und Hilfsorganisationen könnten ihrerseits dazu verleitet werden, für ihre Geberländer Informationen zu sammeln und damit geheimdienstlich aktiv zu werden. Solche Konzepte werden derzeit in der EU diskutiert. Grund dafür ist die Erkenntnis, daß der Schutz von Mitarbeitern humanitärer Organisationen in Kriegsgebieten immer schwieriger wird.

In manchen Fällen, so heißt es in einem Dokument der EU-Abteilung für humanitäre Hilfe (ECHO), ist der „Zugang zu den Opfern nur unter Militärschutz möglich“. Im vergangenen Jahrzehnt sind 45 Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen im Einsatz ums Leben gekommen. Die ECHO verweist insbesondere auf die „Ahnungslosigkeit“, die Hilfsorganisationen im Afrika der Großen Seen unter Beweis gestellt hätten. „Bewaffnete Gruppen in Flüchtlingslagern“ etwa seien ein Beispiel für die neuen Sicherheitsrisiken. Man müsse ihnen mit „nichtmilitärischen Mitteln“ begegnen – also mit „Polizei und Spezialtruppen“. Dies sei billiger als jede Armee.

Zur Umsetzung dieser Option schlägt ECHO vor, den von ihr unterstützten Hilfsorganisationen künftig Sicherheitsrichtlinien aufzuzwingen. Finanzhilfen für Hilfsorganisationen „sollten prioritär auf die Unterstützung der Sicherheitsplanung einer Organisation zur Entwicklung von Kapazitäten sowohl im technischen wie im allgemeinen Sicherheitsbereich ausgerichtet sein“, heißt es in dem ECHO-Dokument, das der taz vorliegt. „Geldgeber sollten verlangen, daß Organisationen in ihren Vorschlägen und Berichten eine Einschätzung der Sicherheitslage geben. Auch sollten sie von ihnen systematische Untersuchungen von sicherheitsrelevanten Vorfällen verlangen.“ Geldgeber sollten „darum bitten, daß ihnen die Ergebnisse solcher Untersuchungen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere in bezug auf die Frage der Ansammlung von Erkenntnissen in die Sicherheitslage in einem Operationsgebiet“.

Die Geberländer, heißt es weiter, müßten ihrerseits auch zur Sicherheit der Hilfsorganisationen beitragen – „unter anderem, indem sie Organisationen Informationen zur Verfügung stellen, sich zu Sicherheitsfragen absprechen, ausländischen und lokalen Mitarbeitern Sicherheitsgarantien geben (einschließlich Evakuierung lokaler Mitarbeiter, sollte es nötig werden), und bereit sind, bei Bedarf schnellen militärischen Rückhalt für Evakuierungen einzusetzen. Unter gewissen Umständen könnten sie den direkten Einsatz eines zivilen Sicherheitsmechanismus im Feld fördern.“

Das Papier weist auch darauf hin, daß in diesem Zusammenhang die Arbeit in der Westeuropäischen Union (WEU) bezüglich der Polizeiplanung „besonderen Wert“ haben könnte. Vor Ort könnten „Feldsicherheitszentren“ entstehen, in denen auch „professionelles Sicherheitspersonal“ tätig sein sollte.

Diese Überlegungen folgen einem Trend, dem manche Regierungen und Organisationen längst folgen. Schon 1992 fragte Frankreichs damaliger Minister für Humanitäre Angelegenheiten, Bernard Kouchner, beim alten französischen Söldnerhelden Bob Denard um Schutz für humanitäre Helfer in Somalia nach. Die südafrikanische Söldnerfirma Executive Outcomes hat in Sierra Leone Hilfskonvois eskortiert. Die britische Firma Defence Systems Limited (DSL) schützt weltweit die Büros von Organisationen wie dem Internationalen Rotes Kreuz (IKRK), Care, Unicef und UNHCR.

Als dies publik wurde, bat das IKRK, von der Klientenliste von DSL im Internet gestrichen zu werden, was aber nicht bedeutet, daß die Verträge auch beendet worden sind. Unicef, das UNHCR und World Vision, eine US-Hilfsorganisation, nahmen 1997 in Washington zusammen mit den wichtigsten Privatarmeen der Welt wie Sandline und Executive Outcomes an einem Seminar über „Privatisierung von Sicherheit in Afrika“ teil.

Der humanitäre Markt ist für Söldnerfirmen ein willkommenes neues Betätigigungsfeld in ihren Bemühungen um Imagepflege. „In Afrika scheinen Privatarmeen wieder out zu sein“, sagte Alex Vines von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kürzlich auf einer Konferenz zum Thema in Johannesburg. „Die Gründe sind ihre Unkontrollierbarkeit, ihre Ineffizienz, ihre Kosten und ihre oft verborgenen Verbindungen zu kleinen Bergbaufirmen. Wenn sie weiter arbeiten, wird sich das vermutlich auf Staaten mit wertvollen Rohstoffen wie Öl, Diamanten, Gold und Uran beschränken. Angola, Kongo, Nigeria und Sierra Leone fallen in diese Kategorie.“

Ob humanitäre Helfer den Söldnerfirmen aus ihrer Krise helfen sollten, ist in Hilfsorganisationen umstritten. Einige pflegen eine prinzipielle Neutralität, andere sind pragmatischer, sagt ein europäischer Koordinator von Hilfsorganisationen. Die meisten wollen lieber UN-Blauhelme oder staatliche Armeen statt privater Truppen, die aus kommerziellen Gründen über Nacht die Seite wechseln könnten. Generell gelten bewaffnete Eskorten als letzter Ausweg.

Die ECHO-Pläne sind ebenfalls nicht sehr beliebt, da die Hilfsorganisationen ihre Entscheidungsautonomie wahren wollen. „Wir sind hier nicht in den USA“, sagt ein Verantwortlicher. „Da haben Organisationen wie World Vision kein Problem damit, sich mit der CIA zusammenzusetzen und Sicherheitsfragen zu diskutieren – obwohl Amerikaner oft als Kriegspartei und als Feinde betrachtet werden.“ François Misser, Brüssel

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