: Paraguays Präsident geht
Cubas erklärt vor Amtsenthebungsverfahren seinen Rücktritt. Hunderttausende feiern in Asunción. Putschgeneral Oviedo auf der Flucht in Argentinien verhaftet ■ Von Ingo Malcher
Buenos Aires (taz/AFP) – Er ging so schnell, wie er gekommen war. Raul Cubas, seit August vorigen Jahres Präsident Paraguays, ist in der Nacht zu gestern zurückgetreten. Oppositionspolitiker verbreiteten die Nachricht, noch ehe Cubas vor die Fernsehkameras trat. Vor dem Kongreßgebäude in der Hauptstadt Asunción feierten 150.000 Menschen den Rücktritt des Präsidenten, der von vielen für den Mord an seinem Stellvertreter Luis Maria Argaña am vorigen Dienstag verantwortlich gemacht wird. Als Übergangspräsident wurde noch in der Nacht Parlamentspräsident Luis Angel Gonzalez Macchi vereidigt.
Mit seinem Rücktritt kam Cubas einer möglichen Amtsenthebung zuvor, über die der Senat heute abstimmen wollte. Dem Präsidenten wird vorgeworfen, sich über eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hinweggesetzt zu haben. Cubas hatte kurz nach seiner Amtsübernahme seinen politischen Ziehvater, Ex-General Lino Oviedo, aus dem Gefängnis entlassen, wo dieser eine zehnjährige Haftstrafe wegen eines Putschversuchs absaß. Der Oberste Gerichtshof erklärte im Februar dieses Jahres das Dekret des Präsidenten für ungültig, doch Cubas ignorierte die Entscheidung. Oviedo blieb auf freiem Fuß.
Einer der treibenden Kräfte in dem draufhin eingeleiteten Absetzungsverfahren gegen Cubas war Vizepräsident Argaña, der wie der Präsident der Colorado-Partei angehörte. Als er vorige Woche auf offener Straße ermordet wurde, verdächtigten sämtliche Parteien Cubas und Oviedo als Drahtzieher. Auch in seiner eigenen Partei verlor der Präsident den Rückhalt. Nachdem sich auch das größte Armeebataillon Paraguays hinter einen möglichen Nachfolger gestellt hatte, galt der Rücktritt Cubas als sicher. Als entsprechende Gerüchte bestätigt wurden, glich die Stimmung in Asunción der nach dem Gewinn einer Weltmeisterschaft. Sprechchöre wurden geschmettert, Transparente lobten den „Sieg der Demokratie“. Die Menschen tanzten, schwangen die paraguayische Fahne und sangen die Landeshymne. Die Feuerwehr half beim Feiern und hielt mit Wasserschläuchen in die Menge, um sie in der Hitze zu erfrischen. Vereinzelt flossen Freudentränen.
Mit seinem Rücktritt setzt Cubas den Schlußpunkt einer langen politischen Krise in Paraguay, bei der Oviedo-Anhänger und -Gegner in der Colorado-Partei um die Macht und den Zugang zu den finanziellen Fleischtöpfen kämpften. Cubas Nachfolger Macchi zählt zu seinen Gegnern und war ein Vertrauter Argañas. Er bot den Liberalen und Sozialdemokraten eine Zusammenarbeit an und betonte seine Absicht, bis zum Ende der Wahlperiode 2003 im Amt zu bleiben. Die Verfassung nennt ihm keine Vorgaben: Der Fall, daß ein Präsident zurücktritt und sein Stellvertreter ermordet wird, ist nicht vorgesehen.
In seiner Antrittsrede rief Macchi: „Das paraguayische Volk hat triumphiert!“ Damit es auch alle hörten, wiederholte er den Satz ein weiteres Mal. Er versprach, daß in Paraguay die Gewalt und auch die Straflosigkeit zu Ende sei - eine klare Botschaft an General Oviedo. Der war noch Sonntag nacht mit dem Privatflugzeug eines Großgrundbesitzers mit seiner Familie nach Argentinien geflohen, wurde aber auf einem Flughafen nahe Buenos Aires festgenommen. Einem paraguayischen Richter zufolge wurde der Haftbefehl gegen ihn bereits den argentinischen Behörden übermittelt.
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