: Stolz auf den Mordversuch
■ Im brandenburgischen Schwedt wird ein libanesischer Asylbewerber niedergestochen und dabei lebensgefährlich verletzt. Der rechtsradikale Angreifer protzt auch noch mit seiner Tat
Frankfurt (Oder) (AP/taz) – Die Kette ungehemmter rassistischer Überfälle in Brandenburg reißt nicht ab: Ein libanesischer Asylbewerber wurde am Samstag in Schwedt von einem Rechtsradikalen auf offener Straße niedergestochen. Das Opfer ist inzwischen außer Lebensgefahr. Ein Ermittler sagte gestern in Frankfurt an der Oder, der 20jährige Libanese liege allerdings noch immer mit schweren Verletzungen an der Schulter im Krankenhaus. Gegen den verhafteten 19jährigen, der den jungen Mann von hinten niedergestochen hatte, solle so schnell wie möglich Anklage erhoben werden, betonte der ermittelnde Staatsanwalt Michael Neff.
Dem einschlägig bekannten Mann wird versuchter Mord aus niederen Beweggründen und Heimtücke vorgeworfen. Den Ermittlungen zufolge hatte der 19jährige am Samstag nachmittag zusammen mit anderen Jugendlichen auf einem Balkon gestanden, als auf der Straße zwei ausländisch aussehende Männer vorbeigingen. Ohne jeglichen Anlaß rief er nach Darstellung der Ermittler sinngemäß „Die Türken stech' ich jetzt ab“ und griff sich in der Küche ein 25 Zentimeter langes Messer. Damit rannte er laut Staatsanwaltschaft nach unten und rammte es einem der beiden Passanten so heftig in den Rücken, daß es abbrach.
Der Angreifer, der schon früher als Gewalttäter aus der rechten Szene aufgefallen sein soll, machte aus seiner Ausländerfeindlichkeit keinen Hehl. Bei seiner Verhaftung gab er protzend zu Protokoll, daß er auch noch den zweiten Asylbewerber niedergestochen hätte, wenn er ein weiteres Messer gehabt hätte.
Angesichts solcher Mordlust und Hemmungslosigkeit soll nun ein psychiatrisches Gutachten über den Angreifer eingeholt werden. Staatsanwalt Neff betonte allerdings, die Tat sei „rein ausländerfeindlich, von niederen Beweggründen geprägt und heimtückisch“ gewesen. Der Beschuldigte ist Polizei und Staatsanwaltschaft bereits wegen mehrerer Gewaltdelikte bekannt. Brandenburgs Landesregierung reagierte mit „Entsetzen über den feigen Mordversuch“.
Ebenfalls am Samstag war im brandenburgischen Ludwigsfelde eine Frau in einem Mietshaus bedroht und beleidigt worden, weil sie dort mit ihrem aus Mosambik stammenden Ehemann und den gemeinsamen vier Kindern einziehen wollte. Ein Besucher des Hauses beschimpfte die 31jährige, sie solle mit dem „Neger“ und ihren Kindern verschwinden, und bedrohte sie mit einem Knüppel. Erst vor sechs Wochen hatten rechtsextreme Jugendliche im brandenburgischen Guben einen algerischen Asylbewerber in den Tod gehetzt.
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