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Keine Geburtstagsparty für das Atlantische Bündnis

■ Ostersonntag ist Jubiläum: 50 Jahre alt mußte die Nato werden, um zum ersten Mal zu schießen

Brüssel (AFP/taz) – Am Ostersonntag wird die Nato 50 Jahre alt. Und weil man in Brüssel nicht glaubt, den ersten Krieg, den das westliche Militärbündnis in seiner Geschichte führt, bis zu diesem Termin siegreich zu beenden, gibt's keine Geburtstagsparty.

Es hätte ein schöner Geburtstagsgipfel zur Feier der „neuen Nato“ werden sollen, zu dem sich die Staats- und Regierungschefs am 24. und 25. April in Washington versammeln wollen. Dort sollen erstmals Polen, Tschechien und Ungarn mit dabeisein: Gegner in den Zeiten des Kalten Krieges, nun Vollmitglieder der Allianz.

Am 4. April 1949 begründeten mit dem Vertrag von Washington zwölf europäische Staaten mit den USA und Kanada die „Nordatlantische Vertragsorganisation“ (North Atlantic Treaty Organization/Nato), der die Bundesrepublik 1955 beitrat. Ohne einen Schuß abzufeuern, bewies das Militärbündnis seine Überlegenheit gegenüber dem Warschauer Pakt. 1991 zerbrachen UdSSR und Ostblock.

Nach dem Verschwinden des alten Feindbildes machten sich die 16 Verbündeten auf die Suche nach einer neuen Doktrin. Die Kriege im zerfallenden Jugoslawien beschleunigten die Neuorientierung. Als Hauptbedrohung für die Stabilität im Westen gelten nun regionale Konflikte und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen.

Der erste Testfall kam 1995, als die Nato, ausgestattet mit einem UN-Mandat, nach Bosnien-Herzegowina ausrückte, um das Dayton- Friedensabkommen zwischen Serben, Kroaten und Muslimen durchzusetzen. Dank der 30.000 westlichen Soldaten hält der allerdings brüchige Frieden.

Als Jugoslawiens Präsident Milošević sich dagegen beharrlich weigerte, ausländische Truppen zur Beilegung des Kosovo-Konflikts in sein Land zu lassen, griff die Nato am 24. März an. Einen Auftrag der Vereinten Nationen gab es hierfür nicht.

Für Deutschland und Frankreich und andere europäische Verbündete ist die Kosovo-Krise aber kein Präzedenzfall für weitere Operationen außerhalb des Bündnisgebietes. Die USA hingegen wollen den Aktionsradius der Nato erweitern, auch um die europäischen Verbündeten etwa bei Konflikten wie im Nahen Osten oder am Persischen Golf mehr in die Pflicht nehmen zu können.

Die Hochglanzbroschüre, mit welcher die „neue Nato“ sich selbst zum „50.“ feiert, ist bereits in Umlauf. Auf dem Titel schöne Bilder aus glücklichen Tagen einer Partnerschaft: Da umarmen sich strahlend Rußlands Präsident Boris Jelzin und Nato-Generalsekretär Javier Solana. Doch die Feierstimmung ist vergangen. In Brüssel geplante Militärparaden und Gedenkstein-Enthüllungen wurden für die nächsten Tage abgesagt.

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