Hilfssheriffs im Anmarsch

■  Die Große Koalition will die Freiwillige Polizeireserve neu beleben. Opposition und Polizeigewerkschaft strikt dagegen

Mit Hilfssheriffs will die Große Koalition für Sicherheit in der Hauptstadt sorgen. Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 und 45 Jahren können sich künftig für den Freiwilligen Polizeidienst melden. Nach einem zweiwöchigen Grundlehrgang dürfen die Hilfskräfte eine Waffe tragen und die Polizei bei allerlei Aufgaben unterstützen: Neben der Bewachung von Gebäuden und der Überwachung des Straßenverkehrs sollen sie in Parks und Friedhöfen Streife laufen und bei öffentlichen Veranstaltungen für Ordnung sorgen. Acht Mark die Stunde erhalten sie für ihren Einsatz. Freiwilliger Polizeidienst heißt das Vorhaben, das die Große Koalition bereits Ende April gegen den erbitterten Widerstand der Opposition und der beiden Polizeigewerkschaften im Abgeordnetenhaus beschließen will.

Wer die Vorstellung von bewaffneten Hilfssheriffs auf Berlins Straßen abenteuerlich findet, sei daran erinnert, daß dies schon seit 1960 Praxis ist. Damals wurde die Freiwillige Polizeireserve gegründet – eine auf inzwischen 1.300 Mitglieder geschrumpfte Hilfstruppe. Auch der Regierende Bürgermeister Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), ist Mitglied, doch wohl nicht mehr lange. Denn mit der Umwandlung will man sich auch der Karteileichen entledigen, die in den letzten Jahren gar keinen Dienst mehr geschoben haben – und das ist die Mehrheit. Nur noch 439 Aktive ziehen zu gelegentlichen Einsätzen die blau-graue Uniform an.

In 40 Jahren des Bestehens habe es keinen Fall von unsachgemäßem Schutzwaffeneinsatz gegeben, beruhigt der CDU-Abgeordnete Rüdiger Jakesch, ein ehemaliger Polizeibeamter. Dafür fiel die FPR durch eine Reihe von Skandalen auf (siehe Kasten). Mit der Umwandlung der FPR in den Freiwilligen Polizeidienst (FPD) will man sich vom ramponierten Image der Hilfstruppe verabschieden. Die verbliebenen FPR-Aktiven müssen einen Antrag auf Übernahme in den FPD stellen.

„Wir wollen eine gute Idee wiederbeleben“, so der CDU-Abgeordnete Jakesch. Er sieht den FPD als „eine Art Bürgerinitiative“. Mit einer Werbekampagne will man „systematisch jüngere Kräfte gewinnen,“ so Jakesch. Nach seiner Vorstellung sollen mittelfristig 1.500-2.000 Freiwillige aufgenommen werden.

In Frage kommt, wer „nach seiner Gesamtpersönlichkeit geeignet erscheint“ sowie „Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft“ erkennen läßt. Bei „begründeten Zweifeln“ an der Verfassungstreue der Bewerber werden diese nicht zugelassen. Die Grünen kritisieren jedoch, daß nach wie vor eine Unterwanderung durch Rechtsextreme nicht wirksam verhindert werden könne. Für die Aufnahme in den Freiwilligen Polizeidienst muß zwar ein Antrag ausgefüllt und ein Fragebogen beantwortet werden, aber wer bislang noch nicht als rechtsextrem aufgefallen sei, könne durch die Maschen schlüpfen, kritisiert der grüne Abgeordnete Wolfgang Wieland.

Grüne, PDS und Gewerkschaft der Polizei fordern seit Jahren die Abschaffung der FPR. Einen entsprechenden Parteitagsbeschluß gibt es auch in der SPD. Dennoch gaben die SPD-InnenpolitikerInnen nun unter dem Druck des Koalitionspartners CDU erneut nach. Dorothee Winden