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Keine Paragraphen

■ Eher unformell: die Reihe „Kultur und Justiz“ am Hamburgischen Landgericht

Gerichte sind ein bißchen wie Zahnarztpraxen: In der Regel macht man um solche Örtlichkeiten einen möglichst weiten Bogen. Wenn sich ein Besuch trotz aller Aversionen nicht vermeiden läßt, versucht man, die Zeit des Aufenthalts auf ein Minimum zu straffen: Rein, raus, vergessen. Schade eigentlich, denn erstens können auch Zahnärzte nette Menschen sein und zweitens haben auch Juristen nicht nur trockene Paragraphen und komplizierte Prozesse im Kopf. Zumindest nicht am Hamburgischen Landgericht.

Seit 1984 existiert dort nämlich die Veranstaltungsreihe „Kultur und Justiz“. „Die Grundidee bestand darin, die Justiz nach außen transparenter zu machen und den Leuten Gelegenheit zu geben, nicht nur aus förmlichem Anlaß die Gerichtsgebäude zu besuchen“, erklärt Gerhard Schaberg, stellvertretender Vorsitzender des Hamburgischen Richtervereins, der die Reihe ins Leben rief. Anfangs traf man sich für die Lesungen, Vernissagen, Podiumsdiskussionen und Musika-bende noch im Plenarsaal, mittlerweile finden die Veranstaltungen im Schumacher-Bau der Grundbuchhalle statt. Kulturbegeisterte konnten dort bisher nicht nur die Werke malender oder bildhauender Staatsanwälte und Richter begutachten, sondern auch Günther Grass oder Dietrich Schwanitz beim Lesen ihrer Romane.

Auch heute abend ist Literatur zu Gast im Gericht: Ex-Spiegel-Redakteur Michael Seuffert liest aus seinem Krimi Die Kampagne, und am Montag hält Pastor Reier von der Christuskirche in Othmarschen einen Vortrag über Judas. krim

Heute, 19 Uhr, Grundbuchhalle, Ziviljustizgebäude, Sievekinplatz 1

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