: Konsequent mißachtet
■ Ex-Sozialsenatorin Fischer-Menzel gibt zu, aja-Prüfbericht ignoriert zu haben
Vor dem parlamentarischen Untersuchungsaussschuß (PUA) „Filz“ hat die ehemalige Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) gestern eingeräumt, daß sie es 1994 abgelehnt hat, einen Sonderbericht über Unregelmäßigkeiten beim damaligen Beschäftigungsträger Altonaer Jugendarbeit (aja) zur Kenntnis zu nehmen. Der Bericht war daraufhin vernichtet worden – und mit ihm aktenkundige Belege dafür, daß aja-Geschäftsführer Michael Pape Zuwendungen von Fischer-Menzels Behörde zur Sanierung seiner Privathäuser eingesetzt hatte. Fischer-Menzel behauptete gestern, der Bericht habe ohnehin nichts Neues enthalten.
Zum wiederholten Mal saß die ehemalige Sozialsenatorin vor dem PUA. Sie wurde erneut vorgeladen, nachdem eine BAGS-Mitarbeiterin ausgesagt hatte, Fischer-Menzel habe den brisanten Bericht seinerzeit zum „non-paper“ erklärt. Die Sozildemokratin wollte gestern nicht ausschließen, daß sie den Begriff aufgegriffen habe, jedoch nicht, um Beweismaterial zu vernichten: „Mit dem Bericht wurde nichts aufgedeckt, was vorher nicht schon bekannt war“, sagte Fischer-Menzel gestern, „es gab also keinen Grund, etwas verschwinden zu lassen“. Im Gegenteil habe ihre Behörde im Fall der aja so konsequent „wie in kaum einem anderen Fall gehandelt“. Nach Bekanntwerden der Mauscheleien hatte der Beschäftigungsträger keine Zuwendungen mehr von der BAGS erhalten.
Der Sonderbericht war Fischer-Menzel damals von der betriebswirtschaftlichen Abteilung ihres Hauses vorgelegt worden. In ihrem Beisein sei es zum Streit gekommen zwischen der Verfasserin und einem in dem Bericht angegriffenen Mitarbeiter. Daraufhin, so Fischer-Menzel, habe sie gesagt: „Leute, hier habt ihr mein Exemplar zurück.“ Und habe die betriebswirtschaftliche Abteilung aufgefordert, erneut zu prüfen, ob sie die Vorwürfe aufrecht erhalten wolle.
Vor zwei Wochen hatte die CDU Strafantrag gegen die an dem Gespräch beteiligten BAGS-MitarbeiterInnen gestellt, weil sie den Vorgang vor dem PUA verschwiegen haben sollen. Elke Spanner
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