■ Standbild: Bomben, Bunker, Bodenkrieg
„Newsmaker“, Mo., 22.15 Uhr, Sat.1
Die erste Sendung, und gleich machten die Sat.1-„Newsmaker“ ihrem Namen alle Ehre. Völlig losgelöst von der Nachrichtenlage redete die Studiomannschaft eine Viertelstunde nur von einem Bodenkrieg im Kosovo und schuf so eigene Neuigkeiten – nicht nur für die Sat.1-News waren neue Hoffnungen auf eine politische Lösung die Nachricht des Tages. Nur läßt sich die nicht so knackig bebildern: Im ersten Beitrag ging es daher um mögliche Angriffswellen am Boden. Die groß angekündigten „Bilder aus den USA“ waren nichts anderes als eine Leistungs- und Produktschau des US-Militärs, montiert aus Manöver-Filmen und Archiv-Schnipseln aus dem Bosnien-Krieg. PR für den Bodenkrieg und damit das Gegenteil von Journalismus.
Gewohnt stoisch verneinte Rudolf Scharping in der obligatorischen Interviewschaltung auch noch alle Fragen nach Bodentruppen. Er war nicht mal durch den überforderten „Newsmaker“-Mann aus der Ruhe zu bringen, der „dem Herrn Bundesminister“ in der durchschaubaren Absicht, investigativ zu wirken, ohne journalistischen Grund ständig ins Wort fiel.
Dann die andere Seite: „Newsmaker“ begleitete einen traumatisierten Elfjährigen, der miterlebte, wie 19 Menschen – darunter seine Mutter – massakriert wurden. Schnelle Schnitte, dann ein langes Close-Up auf die Tränen, als der Kleine sagt, er wolle seine Mama wiederhaben. Anschließend durfte die Moderatorin dramatisch verkünden, „Newsmaker“ werde den Bub nach Deutschland holen.
Überhaupt die Moderation: Vier adrette junge Menschen auf einem grünen Ledersofa, die sich hektische Satzbrocken zuwarfen, damit auch alle mal drankamen. In dem einzigen Beitrag, der dem eigenen Seriositätsanspruch im Ansatz genügte, ging es um veruntreute Spendengelder. Das war aufwendig recherchiert, aber handwerklich holprig und nicht mehr ganz taufrisch: Der Hauptverdächtige sitzt seit September vergangenen Jahres im Knast.
Weder vom Aufschwung für die darbende Sat.1-Infoschiene war bei „Newsmaker“ etwas zu spüren, noch von der groß ausposaunten „Infokompetenz“ des Springer-Verlages, dessen TV- Abteilung hier debütierte. Das Team selbst scheint schon mit dem Schlimmsten zu rechnen. Drei Moderatoren verabschiedeten sich mit lockerem „Tschüß“. Nur einer sagte „Auf Wiedersehen“. Marcel Rosenbach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen