: „Heute ruft man uns“
■ Safer Sex-Infos und vieles mehr: Fünf Jahre schwuler Info-Laden „Hein & Fiete“ Von Miguel-Pascal Schaar
Wenn mensch fünf wird, steht die Einschulung kurz bevor. Anders in St. Georg, denn Hein & Fiete müssen nicht mehr zur Schule. Sie sind mittlerweile beispielgebend für andere vergleichbare Einrichtungen in der Bundesrepublik.
Hamburgs schwuler Infoladen Hein & Fiete hat viele Aufgaben: von der Coming-Out-Hilfe bis zur Leihbibliothek vom Arbeitskreis „Schwule Geschichte“ bis zur kostenlosen Verteilung von Kondomen und Gleitcremes. 1989 erarbeiteten die Vereine Intervention, die Unabhängige Homosexuelle Alternative und die Hamburger Aids-Hilfe das Konzept „für ein integratives Modellprojekt zielgruppenspezifischer Aids-Prävention bei Schwulen“ und gründeten den Trägerverein „Prävention e.V.“. Den Anstoß dazu gab die Einsicht, daß schwule und bisexuelle Männer eher schlecht als recht mit Broschüren und Telefonberatung zur Gesundheitsvorsorge zu bewegen seien. Dieser Ansatz fand Mitte 1990 in der Bürgerschaft die nötige Unterstützung: 2,75 von sechs beantragten Stellen wurden bewilligt.
Fünf Hauptamtliche teilen sich die knappen Personalmittel, dazu kommt ein hochmotivierter Stamm von sechzig Ehrenamtlichen, „ohne die wir die Arbeit gar nicht machen könnten“, sagt Projektleiter Frank Münzinger. Ehrenamtliche Mitarbeiter werden in einem dreimonatigen intensiven „Einführungskarussell“ mit Informationen über Aids, schwule Subkulturen und die Hamburger Szene vorbereitet. Münzinger: „Die Motivationsklärung spielt eine wichtige Rolle.“
„Wir sagen nicht, daß man bestimmte Regeln einhalten muß, sondern wir versuchen dahin zu lenken, daß sich die Leute selbst fragen, ab wann sie Safer-Sex-Regeln einhalten können“, erklärt Mitarbeiter Paulo De Sousa den Ansatz der Präventionsarbeit. Frank Münzinger ergänzt: „Das Ziel ist, daß sich Schwule sagen ,ich bin glücklich und es geht mir gut, ich muß was tun, damit es so bleibt!'“
Die Arbeit geht daher über Aids-Prävention und Gesundheitsvorsorge hinaus: Hein & Fiete engagiert sich gegen antischwule Gewalt, organisierte die diesjährige Hamburger Christopher-Street-Demo und ist aktiv in der Vernetzung der schwulen Infrastruktur. Das ist für die Umsetzung des Modellprojektes nötig, wie De Sousa erläutert: „Früher war es in manchen Kneipen nicht möglich, Aids-Broschüren auszulegen, heute werden wir und unsere Teams angefordert!“
De Sousa formuliert die Arbeitsmotivation in dem Ziel, „daß alle Schwulen fähig werden, offen und ohne Angst und Scham ihr Leben und ihre Sexualität zu leben.“ Dafür sei nicht nur die manchmal ausbleibende Solidarität nötig, sondern „wir wollen auch darüberhinaus Spaß und Freude an schwulem Leben vermitteln.“ Happy birthday!
Hein & Fiete, Kl. Pulverteich 17-21, 20099 HH, % 24 03 33; Geburtstags-Party: 15. September, 21 Uhr, Fabrik, Barner Straße
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen