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Saboteure im Blaumann ■ Von Ralf Sotscheck
Nie wieder Handwerker, hatte ich mir geschworen, nachdem jeder Hausbesuch eines Vertreters dieser Zunft mit einer Katastrophe geendet war – vom Kabelbrand bis zur Überschwemmung. Seit die Handwerker Hausverbot hatten, lebten wir ruhig und zufrieden, ohne zu ahnen, daß die Saboteure im Blaumann einen Gegenschlag ausheckten, bei dem sie nicht mal das Haus betreten mußten.
Es war an einem Freitag abend. Im Fernsehen kündigte der „Masked Magician“ an, daß er den Zaubertrick mit der schwebenden Jungfrau enthüllen werde. Die Dame lag quer in der Luft, als es einen Knall gab, gefolgt von Stille und Dunkelheit. Waren das die Kollegen des Zauberers, die den Trickverrat verhindern wollten? Weit gefehlt, es waren die Klotzköpfe von der Stromgesellschaft, die das Hauptkabel bei Wartungsarbeiten sauber durchtrennt hatten, und weil ihnen das nicht genügte, mußte das Fernsehkabel gleich mit dran glauben. Das ganze Viertel lag in Finsternis.
Die Kerze war leicht zu ertasten, sie lag seit Weihnachten unter dem Sofa, aber wo waren die Streichhölzer? Wenn man doch bloß Raucher wäre, dann hätte man immer ein Feuerzeug in der Tasche.
Inzwischen hatte auch die Einbruchsalarmanlage – wir wohnen in einer miesen Gegend – gemerkt, daß der Saft weg war. Dank eingebauter Batterie schnarrte sie nun alle zwei Minuten mit Roboterstimme: „Störung! Stromausfall um 20 Uhr vier.“ Als ob das nicht nervtötend genug wäre, schickte die Sirene hoch oben an der Wand jedesmal zwei schrille Pfeiftöne hinterher. Ich montierte das quiekende Gerät ab und warf es in den Nachbarsgarten.
Dreieinhalb Stunden lang informierte uns der Alarmroboter im Zweiminutentakt, daß der Strom ausgefallen war, dann fügte er plötzlich hinzu: „Jetzt okay.“ Das Licht ging wieder an, der Fernseher erst zwei Stunden später, aber da war der Zauberer längst im Bett, vermutlich mit der schwebenden Jungfrau, und wie der Trick funktioniert, werde ich nie erfahren.
Schlimmer war, daß beim Einschalten des Stroms in der Telefonzentrale die Sicherungen explodierten und zwei Dutzend Leitungen lahmgelegt wurden, darunter natürlich auch unsere.
Der Notdienst, den ich per Handy anrief, erklärte, daß man im Notfall zwar Anrufe entgegennehme, aber an die Reparatur sei erst am Montag zu denken. Bis dahin würde er alle Anrufe aufs Handy umleiten.
Montag rief er im Morgengrauen an. Ob ich es selbst sei, wollte der vermeintliche Kommunikationswiederhersteller wissen, und als ich bejahte, freute er sich: „Dann ist ja alles in Ordnung.“ Gar nicht wahr, entgegnete ich, er selbst habe doch die Anrufe aufs Handy umgeleitet. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Nach vier Hausbesuchen und einem Kabelsalat drehte der Alarmroboter vollends durch und rief hysterisch nach seinen Sensoren, die an diversen Fenstern angebracht sind.
Das Kabel zum Haus sei tadellos, sagte der Störungsdienstler, alles andere sei mein Problem. Das Telefon funktioniert bis heute nur in eine Richtung einwandfrei. Inzwischen bin ich heiser, weil ich immer ins Telefon brüllen muß, und halb taub, weil meine Gesprächspartner irrtümlich annehmen, sie müßten auch brüllen.
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