: Rund um den Reichstag
Vom 21. bis zum 25. April kann der Reichstag täglich von 10 bis 18 Uhr ohne Voranmeldung besichtigt werden. Den Gang durchs Haus erläutern InfoBroschüren. Der Besucherdienst in Berlin weist jedoch darauf hin, daß aufgrund des großen Interesses Wartezeiten entstehen können. Wer es nicht bis nach Berlin schafft, kann im Internet einen virtuellen Rundgang antreten: Informationen unter: www.Bundestag.de.
Rußland hat anläßlich der ersten Bundestagssitzung im umgebauten Berliner Reichstag auf die Inschriften hingewiesen, mit denen sich sowjetische Soldaten nach der Eroberung Berlins 1945 in dem Gebäude verewigt hatten. Sie gehörten zur gemeinsamen Geschichte Europas und erinnerten an den langen, tragischen und mit vielen Opfern verbundenen Weg Europas zu Frieden und Zusammenarbeit, hieß es in einer Erklärung des russischen Außenministeriums. Sie enthielt kein Wort der Gratula
tion an die Abgeordneten.
An der ersten Bundestagssitzung im umgebauten Berliner Reichstag konnte der letzte noch lebende Reichstagsabgeordnete der Weimarer Republik, Josef Felder, nicht teilnehmen. Der 98jährige mußte aus gesundheitlichen Gründen absagen. Er war als bayerischer SPD-Abgeordneter 1932 in den Reichstag gewählt worden. Die Sozialdemokraten hatten am 23. März 1933 als einzige Partei gegen Hitlers „Ermächtigungsgesetz“ gestimmt. Die Kommunisten konnten an der Abstimmung nicht mehr teilnehmen. Anschließend hatte Josef Felder ins Ausland fliehen müssen. Als er heimlich zurückkehrte, wurde er verhaftet: Zwei Jahre verbrachte Felder im Konzentrationslager Dachau.
Im Berliner Reichstag werden die Abgeordneten künftig edel bewirtet: Der bekannte „Feinkost“-Spezialist Käfer kümmert sich mit etwa 100 Mitarbeitern, darunter 30 Köche, um das leibliche Wohl der Politiker, Fraktionsmitarbeiter und Besucher im Reichstag. Zur ersten Bundestagssitzung wurden Parlamentariern gestern unter anderem Stangenspargel, Gerichte aus dem Backofen und Eintopf serviert. Die Firma hatte vom Ältestenrat des Bundestags unter insgesamt sieben Bewerbern den Zuschlag für die Gastronomie im Reichstag erhalten.
Der Schilderstreit um die Amtsbezeichnung für den Reichstagsbau geht weiter. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) zeigte sich verägert darüber, daß der Berliner Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) die Berliner Verkehrsbetriebe angewiesen hatte, ihre Haltestellen am Reichstag mit „Reichstag“ statt mit Bundestag zu bezeichnen: Offenkundig wollten die politisch verantwortlichen in Berlin nicht zur Kenntnis nehmen, daß von jetzt an der Bundestag in Berlin residiere, sagte Thierse.
Zum Auftakt der ersten Bundestagssitzung im Berliner Reichstag haben gestern rund 2.000 Bauarbeiter gegen Niedriglöhne und Schwarzarbeit demonstriert. Mit über 500 Fahrzeugen zogen sie in unmittelbare Nähe des Reichstagsgebäudes. Der Reichstag sei „maßgeblich durch Dumpinglöhne errichtet worden“, sagte der Präsident der Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg, Kaspar-Dietrich Freymuth. Er forderte die Abgeordneten auf, gegen Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen. Der Bauarbeiterkonvoi führte zu erheblichen Verkehrsproblemen.
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