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Kriegsmüde sind Afrikas Akteure schon seit langem

■ Trotz des Waffenstillstandsabkommen wächst die Sorge um einen neuen Krieg im Kongo

Eine Woche nach der Unterzeichnung eines Friedensabkommens für die Demokratische Republik Kongo zwischen einigen der wichtigsten Kriegsparteien ist ein Ende des Krieges nicht in Sicht. Ugandas Präsident Yoweri Museveni hatte am vergangenen Sonntag auf einem Gipfel in Libyen mit dem Präsidenten des Kongo, Laurent Kabila, ein Abkommen geschlossen, das auch von Tschad und Eritrea unterzeichnet wurde. Nach dem von Uganda verbreiteten Text endete der Gipfel mit einem „Appell für einen sofortigen Waffenstillstand zwischen allen Akteuren“. Die Präsidenten „einigten sich auf die Stationierung einer afrikanischen Übergangsfriedenstruppe in Gebieten unter ausländischer Kontrolle“ im Kongo. Als erster Schritt zu einer friedlichen Lösung soll ab 30. April in Italien ein „nationaler Dialog“ zwischen den kongolesischen Kriegsparteien beginnen. Im Kongo kämpfen seit August 1998 Rebellengruppen mit Hilfe Ugandas und Ruandas gegen die Regierung Kabila, die Truppen aus Angola, Namibia, Simbabwe und Tschad zur Hilfe geholt hat.

Ähnliche Abkommen werden seit einem halben Jahr mit wechselnden Unterzeichnern getroffen, ohne daß der Kongo dem Frieden näher gekommen wären. Auch diesmal waren die kongolesischen Rebellen nicht beteiligt, und sie lehnen einen Waffenstillstand ab. Von regierungsnahen Kreisen in Uganda wird die Unterzeichnung des Abkommens durch Präsident Museveni als reine Höflichkeit gegenüber Libyens Präsident al-Gaddafi dargestellt, den man so kurz nach dem Ende seiner internationalen Isolation nicht brüskieren wollte. Ugandas Minister für regionale Zusammenarbeit, Amama Mbabazi, erklärte diese Woche, das Abkommen bedeute keinen Abzug, sondern sei „einfach ein Ausdruck unserer Wünsche.

Dennoch ist es auch ein Eingeständnis von Kriegsmüdigkeit. Der Kongo-Krieg, an dem Uganda mit 10.000 Soldaten beteiligt ist, hat den Staatshaushalt durcheinandergebracht und durch Schmuggel die Wirtschaft geschädigt. Zugleich sind einige Ugander offenbar dabei, im Kongo durch den Export von Tropenhölzern und Edelsteinen sehr reich zu werden, während das erklärte Kriegsziel – Vernichtung der Basen ugandischer Rebellen im Kongo – nach wie vor nicht erreicht worden ist.

Die Kriegsmüdigkeit ist auch Ausdruck einer ugandischen Entfremdung mit Ruanda, das mit 20.000 Mann auf der Rebellenseite im Kongo engagiert ist. „Museveni will einen gesichtswahrenden Abzug aus dem Kongo, während die Ruander immer noch denken, sie können Kinshasa einnehmen“, beschreibt ein ugandischer Beobachter die Situation. Uganda versucht derzeit vor allem, die kongolesischen Rebellen der Kontrolle Ruandas zu entziehen: Es fördert eine eigene Rebellengruppe im Norden des Kongo, die „Kongolesische Befreiungsbewegung“ (MLC), und der Chef der größeren Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), Ernest Wamba dia Wamba, ist von der ruandisch beherrschten Stadt Goma in das ugandisch beherrschte Kisangani verpflanzt worden, mit einer ugandischen Leibwache.

In Goma unter Schutz Ruandas sitzt nur noch die Führung eines mit Wamba rivalisierenden RCD-Flügels. Die Zeitung Les Coulisses, die ihren Hauptsitz in Ruanda hat, berichtet seitenweise über die „Ausplünderung“ des Kongo durch Uganda und warnt vor einem Krieg mit Ruanda.

Nur die persönliche Freundschaft zwischen Ugandas Präsident Museveni und Ruandas Vizepräsident Paul Kagame, so ein Beobachter in Kampala, habe bisher verhindert, daß der Streit zwischen den beiden Ländern zum Krieg eskaliere. Indem Museveni jetzt einKongo-Friedensabkommen schließt, ohne darüber mit Ruanda zu reden, versucht er offenbar, auf seine Weise die Situation zu retten und sich zugleich auf der diplomatischen Bühne als Friedensbringer von Ruanda abzusetzen. Dominic Johnson

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