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„Jeder zweite Deutsche ist gegen den Krieg“ –betr.: „Jeder zweite Deutsche ist für den Krieg“, taz vom 17./18. 4. 99

Wie wäre es denn mit: siehe Überschrift? Gabriele Bueb, Hemmenhofen am Bodensee

betr.: „Mit Urangeschossen gegen Panzer“, Kosovo-Berichterstattung, taz vom 21. 4. 99

Mal eine kleine Richtigstellung: AP-(Armour-Piercing-)Geschosse haben keinen Mantel aus Uran, sondern einen Stahlmantel. Sie sind mit abgereichertem Uran gefüllt, um die verfügbare kinetische Energie (m/2 v2) zu maximieren, stellen also, wenn sie nicht angewendet werden, keine Gefahr da. Beim Durchschlag durch die Panzerung zerlegt sich das Geschoß, das Material und auch Teile des Panzerstahls schmelzen, und das Innere des Fahrzeugs wird mit Metallsplittern und Tropfen geschmolzenen Metalls zerstört (das Geschoß enthält keine Sprengladung). Das Uran wird dann also tatsächlich freigesetzt. Über die Folgen ist relativ wenig bekannt, aber daß eingeatmeter radioaktiver Staub nicht gesund ist, wird wohl klar sein. Schließlich: Fast alle AP-Geschosse (auch die der Panzer) enthalten Uran.

Die A 10 ist nicht wegen der Urangeschosse gefährlich, sondern wegen ihrer starken Panzerung, hohen Waffenzuladung (7,5 Tonnen) und ihrer 30-mm-Gatling-Kanone. Tornados können in den Erdkampf nicht eingreifen, weil sie nahezu ungepanzert sind, jeder kleinste Treffer sie wahrscheinlich zerstören würde (wie im Golfkrieg bewiesen wurde, als die gesamte Einsatzdoktrin der Tornados ad absurdum geführt wurde, was aber im Siegesrausch unterging).

Sonst aber: Gratulation zur kritischen Lageeinschätzung, insbesondere was die Rolle der Nato angeht. [...] Gerald Müller, Stutensee

betr.: „Zerbrechen die Grünen am Kosovo-Krieg?“,

taz vom 21. 4. 99

In der Außenpolitik geht es darum, eigene Interessen wahrzunehmen. Dies versuchen die Amerikaner mit der systematischen Schwächung von OSZE und UNO in den letzten Jahren und dem vertragswidrigen Einsatz der Nato in diesem Krieg, während die deutsche Regierung dies angesichts amerikanischen Drucks in fahrlässiger Weise versäumt. Schröder, Scharping und Fischer sind begabte Polit-Taktiker, erfahrene Außenpolitiker sind sie nicht. Fischer wußte, daß Rot- Grün, ohne daß es richtig begonnen hatte, bereits am Ende gewesen wäre, hätte er seine Zustimmung zum Krieg im Kosovo verweigert. Auch einen Außenminister Fischer hätte es dann nicht gegeben. Jetzt wird er versuchen, einen Parteitagsbeschluß hinzumurksen, um weiter einen gefährlichen und den deutschen Interessen zuwiderlaufenden Krieg im Kosovo führen zu können. Der Bodenkrieg wird – weil die Nato nicht „verlieren“ darf – mit oder ohne deutsche Beteiligung kommen; er wird bereits durch die Bombardierung ziviler Ziele in ganz Jugoslawien vorbereitet. Den Menschen im Kosovo wird dieser Bodenkrieg genausowenig helfen, wie ihnen die seit Wochen andauernden Bombardements geholfen haben. Im Gegenteil, die Menschen im Kosovo und in ganz Jugoslawien werden weiter unter dem fortdauernden und vermutlich zunehmend erbitterter geführten Krieg leiden. Wenn Außen- und Sicherheitspolitiker in moralischen Kategorien argumentieren, ist allerhöchste Skepsis geboten. Tarik Tell, Bonn

betr.: „Verzweifelt, aber ohne Zweifel“ (Interview Ströbele/Beer), taz vom 20. 4. 99

Der Bruch des Völkerrechts (einschließlich des 2 + 4-Vertrages) und des Grundgesetzes, die Forderung nach Zustimmung zu einem Nato- Besatzungsstatut für einen souveränen Staat und schließlich das Ersetzen von (Schein-)Verhandlungen durch Krieg: das sind für Beer offenbar keine kriminellen Taten, sondern Belege für „die konsequente moralische Haltung“ der Bundesregierung, welche diese ihrer Erwartung nach „zukünftig auch bei anderen Konflikten an den Tag“ legen sollte. Wie solche „Konflikte“ aussehen werden, weiß sie offenbar auch genau: Es handele sich um „ethnische Konflikte, die innerstaatlich aufbrechen“ würden. Kein Wort davon, daß die massive Förderung der Ethnisierung bloß ein Mittel der westlichen Länder – allen voran der BRD unter Genscher – war, um Jugoslawien zu zerschlagen.

Den Gipfel der Dummdreistigkeit erreichen Frau Beers Aussagen, wenn sie bekennt, sie sei „natürlich“ (?) „zunehmend verzweifelt“, habe aber „keine Zweifel“ (an dem von ihr und der Bundesregierung eingeschlagenen Kriegskurs). Da fällt mir nur noch Erich Fried ein: „Zweifle nicht an demjenigen, der sagt, er habe Furcht, aber fürchte dich vor dem, der sagt, er kenne keinen Zweifel.“ Heinz Eckel, Berlin

Daß Angelika Beer in der Diskussion mit Christian Ströbele nur von zwei Kriegsparteien ausgeht, kennzeichnet das ganze Dilemma und den Wahrnehmungsverlust ihrer Position. Vielleicht würde da ein Engagement in den Reihen der UÇK für Abhilfe sorgen. [...] Claus Lenz, Lüneburg

Es ist erschreckend, wie einseitig und voreingenommen Sie berichten. Sie schreiben von Krieg, wo es keinen Krieg gibt, nämlich in Serbien. Dort versucht die Nato die Infrastruktur zu zerstören, um Nachschub des Militärs zu stoppen. Der wahre Krieg findet im Kosovo statt, die Vernichtung und Vertreibung der Kosovo-Albaner durch die Serben. Camillo Schultz, Lübeck

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