: Schon ein herber Verlust, so ein Grün! –betr.: „Zerbrechen die Grünen am Kosovo-Krieg?“, taz vom 21.4.99
Hier meldet sich die grüne Bauchtruppe aus dem ländlichen Raum. Unter der Bezeichung „Ex“ agieren wir seit nunmehr knapp drei Wochen außerhalb grüner Regionen. Die aktuelle Lage: Der Kontakt mit den ehemaligen Verbündeten, den urbanen Kopfgrünen, gestaltet sich uneindeutig: Kommt es teilweise zu heftigen Wortgefechten, so kann es bei verbalen Verletzungen beiderseits durchaus zum Hissen weißer Tücher oder auch zu humanitären Aktionen kommen (Versorgung mit Taschentüchern, psychischer Beistand).
Vielfältige Krankheiten und Verletzungen der Citygrünen lassen das schlimmste befürchten: Auffallend sind tiefe Spaltwunden, bei denen sich ein langwieriger Heilungsprozeß abzeichnet. Zusammenbrüche, Tränen, aber auch geistige Verwirrtheit und Gedächtnisverlust belegen die angespannte psychische Situation: Zitate und Meinungen verschwinden innerhalb von Stunden aus der Presse, vom Bildschirm und vor allem aus den Köpfen. Vielleicht ein Virus aus roten Regionen? Haltungsschäden, schwerwiegende Rückgratverkrümmungen vollenden das Bild der angegriffenen Gesundheit der Kopfgrünen, langfristig ist absolute Bewegungslosigkeit nicht auszuschließen.
Am schwierigsten im Rahmen des Manövers „Ex“ gestaltet sich der Auftrag der neuen Farbsuche. Was ist das Land ohne Grün? Weder Rot noch Blau und Gelb oder gar Schwarz, das ja bekanntlich keine Farbe ist, bieten sich als Alternative an. Der strategische Verlust der Farbe konnte bisher von den Bauchgrünen nicht ausgeglichen werden, mußte die Einsatzleitung des Manövers „Ex“ ein herber Verlust, so ein Grün! Daniela Kaminski, Münster
betr.: „Mehrheit trotz Zerrissenheit“, taz vom 26.4.99
Ludger Volmer: „Wer jetzt wegläuft, der verspielt nicht nicht nur die Koalition, sondern das grüne Projekt als ernsthafte Veranstaltung.“ Leider ist es umgekehrt. Nur: Das wird nicht intern bei den Grünen und auch nicht in Bonn entschieden. Das entscheiden die Wähler.
Einen Vorgeschmack dazu gab es nach Trittins Ökoquatsch bei der Hessenwahl. Die Quittung für die Mutierung der grünen Galionsfiguren zu feldgrauen Väterfiguren gibt es unweigerlich bei der Europawahl. Aber auch damit wird diese Kriegskoalition nicht beendet sein, es sei denn, dies erledigen vorher die noch übriggebliebenen grünen Realpolitiker mit Augenmaß. Denn Realpolitik heißt für das Überleben des grünen Projekts und für die Kontinuität alternativer Kultur in Deutschland zur Zeit nur eins: Schluß mit dem kindlich-naiven Aberglauben der Militärs, Bomben könnten Frieden schaffen. Horst Speichert, Wiesbaden
Liebe Grüne, es stimmt doch gar nicht, daß alles versucht wurde und letztlich nur der Krieg gegen Serbien als letztes Mittel der Politik übriggeblieben ist. Als erstes bei einer solchen Katastrophe muß es doch darum gehen, die Grenzen für die gefährdeten Kosovo-AlbanerInnen zu öffnen, sie aufzunehmen und als Kriegsflüchtlinge anzuerkennen (bisher nicht geschehen); 2. den Benzin- und Erdölhahn nach Serbien zuzudrehen. Das wird jedoch nur zu erreichen sein, wenn die am Benzingeschäft verdienenden (bettelarmen Nachbar-)Länder finanziell entschädigt werden; 3. die Waffenlieferungen nach Serbien und zu den Kosovo-Serben, so gut es geht, zu unterbinden; 4. die demokratische Opposition in Serbien ihren Vorstellungen entsprechend massiv zu unterstützen; 5. ebenso die Medien/Initiativen, die Gegenöffentlichkeit betreiben; 6. einer demokratischen Oppositionsregierung umfängliche wirtschaftliche Hilfen in Aussicht zu stellen.
Die Beendigung des Völkermords erfordert unzählige Schritte, vor allem aber das Zusammengehen aller europäischen Länder einschließlich der Nachbarländer von Serbien. Diese nicht einfach zu bewältigenden Schritte versprechen aber mehr Erfolg (und sind billiger) als der Einsatz von Waffen gegen ein Land, dessen Bevölkerung auch noch von Deutschen traumatisiert wurde. [...] Der Krieg im (bettelarmen) Jugoslawien ist ein Fall für die Entwicklungshilfe-, Außen-, Innen- und WirtschaftsministerInnen, aber nicht für den Verteidigungsminister. Gloria Dohm, Rennes, Frankreich
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