■ Daumenkino: Schicksalsprüfung
Es gibt einen neuen Film mit Sandra Bullock, „Forces of Nature“, einen Kurz-vor-der-Hochzeit-Film. Er gehört also zu der Sorte Leinwandwerk, wo fast verheiratete Menschen noch einmal ganz arg in ihrer Ehe-Entscheidung erschüttert werden. Wir kennen das ja: Ein kreuzbraver Langweiler (Ben Affleck) ist im Begriff, seine Langweilerin (Maura Tierney) zu ehelichen. Doch dann kommt, ganz Fügung des Zufalls, das bezaubernd unkonventionelle Energiebündel Sandra Bullock dazwischen – und nichts ist, wie es war.
Üblicherweise müßte sich an dieser Stelle eine Expreß-Romanze entwickeln, inklusive Weltschmerz ob der Situation und vorehelichem Seitensprung. Doch genau das passiert nicht: Ben und Sandra erleben eine schrecklich alberne Odyssee von New York nach South Carolina, verlieben sich ein kleines bißchen, widerstehen ein wenig, und das war's. Ben kommt gerade noch rechtzeitig zu seiner vorgesehenen Hochzeit, anstatt mit der Bullock durchzubrennen.
Forces of Nature ist nicht nur ein langweiliger Film, sondern ein Dokument des postpolitisch korrekten Biedermeiertums: Einerseits ist der gute Ben ja ein richtig offener Zeitgenosse. Er findet Sandra trotz ihres Lotterlebens süß, läßt sich in Geldnot auch zum Strippen in einer Schwulenbar drängen, lehnt beim Kiffen nur schüchtern, aber nicht entsetzt ab. Andererseits ist er aber tief im Herzen ganz genau der Typ Spießer, den der Film propagieren will. Sein Leitwunsch ist das kleine Glück mit Bridget, in das er sich planmäßig zurückziehen wird.
Aber da sind noch die Kräfte der Natur vor. Filmtechnisch springen die ja immer da ein, wo es nichts zu erzählen gibt. Man denke an „Dantes Peek“, „Twister“ oder das gute alte „Erdbeben“. Vulkan oder Hurrikan sorgen für Irritation in der gottgewollten Ordnung.
Waren in den Katastrophenkrachern gleichen Strickmusters wenigstens agile Heldenmenschen mit Mut, Durchhaltevermögen etc. gefragt, ist die Anforderung an den vom inneren Wirbelsturm geschüttelten Ben denkbar simpel: Edel sei der Mensch, monogam und zielstrebig. Dann muß er auf dem Weg zum Glück nur noch ein paar Filmtrickgewitter, Verwechslungen und Massentransportprobleme überstehen.
„Forces of Nature“ ist also, anders als beworben, keine stürmische Romantikkomödie, sondern ein letztlich prüder Durchhaltestreifen für die Familien- und Ehewertpropagandisten. Stefan Schmitt
„Auf die stürmische Art“. Regie: Bronwen Hughes. Mit Ben Affleck, Sandra Bullock u.a. USA 1999, 106 Min.
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