: Die rot-grüne Atomanlage
Bundesumweltministerium will in der PKA Gorleben Atommüll für die Zwischenlagerung behandeln lassen ■ von Jürgen Voges
Hannover (taz) – Das Bundesumweltministerium will die Inbetriebnahme einer neuen Anlage zur Verarbeitung von hochradioaktiven Abfällen in Gorleben. Die Pilotkonditionierungsanlage (PKA) Gorleben, in der in mehreren heißen Zellen hochradioaktive Brennelemente umgepackt und auch zerlegt werden sollen, sei „als Service für die Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen und von Glaskokillen notwendig“, sagte der Chef der Atomabteilung im Bundesumweltministerium (BMU), Wolfgang Renneberg, am Montag in Hannover. Renneberg hatte zuvor betont, er stelle „die Elemente eines neuen Entsorgungskonzeptes aus Sicht des Ministeriums“ dar. Bundesumweltminister Jürgen Trittin hatte bei seinem Antrittsbesuch in Landkreis Lüchow-Dannenberg noch betont, daß angesichts des für das Endlager Gorleben geplanten Moratoriums der ursprüngliche Hauptzweck der PKA, das Verpacken von ausgedienten Brennstäben in Endlagerbehälter zu erproben, entfallen sei. Ob die praktisch fertigeAnlage in diesem Jahr in Betrieb genommen werden sollte, hatte der Grünen-Politiker jedoch nicht gesagt.
Für Niedersachsens Umweltminister Wolfgang Jüttner, den Chef der zuständigen Genehmigungsbehörde, ist der ursprüngliche Zweck der Anlage in den Hintergrund getreten. Nach den von Niedersachsen erteilten Errichtungsgenehmigungen, die zum Teil vom noch CDU-regierten Bonn per Weisung erzwungen wurden, sieht Jüttner keine Möglichkeit mehr, der PKA die Betriebsgenehmigung zu verweigern. Er hatte deswegen schon Ende vergangenen Jahres die rot-grüne Regierung in Bonn darum gebeten, die PKA in den Konsensgesprächen zum Thema zu machen und die Inbetriebnahme der obsoleten Anlage zu verhindern. Eine Antwort bekam Jüttner nicht.
Für eine Inbetriebnahme der PKA sprach sich auch einer der wichtigsten Gutachter des BMU, Michael Sailer von Öko-Institut Darmstadt, aus. Die Anlage sei als Reparatureinrichtung für die Behälter des Zwischenlagers Gorleben notwendig und könne auch als Umpackeinrichtung für abgebrannte Brennelemente aus AKWs dienen.
Der Geschäftsführer der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), Wolfgang Hawickhorst, bezeichnete eine Betriebsgenehmigung für die PKA als „Investitionsschutzmaßnahme“ für jene 800 Millionen Mark, die die AKW-Betreiber in die Anlage investiert haben. Der energiepolitische Sprecher des BUND, Professor Klaus Traube, bezeichnete die Anlage als überflüssig. Für die BI Lüchow-Dannenberg, die immer noch auf das von Jürgen Trittin für Ostern versprochen Endlagermoratorium wartet, erhob Wolfgang Ehmke den Vorwurf: „Mit der angeblichen Service-Funktion redet Rot-Grün einen Betriebszweck für eine zur Zeit völlig unnütze Anlage herbei.“ Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Rebecca Harms, befürchtete, die PKA könne zur bundesweit zentralen Service-Station für die Zwischenlagerung werden.
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