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Flüchtlinge müssen draußen bleiben

■ Landesinnenminister lehnen die weitere Aufnahme von vertriebenen Kosovo-Albanern in Deutschland ab

Bonn (dpa/taz) – Trotz der verheerenden Lage in den Flüchtlingscamps in Albanien und Makedonien will Deutschland vorerst keine weiteren Flüchtlinge aus dem Kosovo aufnehmen. Darauf einigten sich die Innenminister der Länder am Dienstag nach einer Schaltkonferenz. Mit dieser Ablehnung haben die Länder Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) auflaufen lassen. Schily hatte am Montag zugesagt, weitere 10.000 Flüchtlinge aufzunehmen.

Den Schlingerkurs von Schily – noch vergangene Woche hatte er jede weitere Aufnahme abgelehnt – wollten die Länder nicht mitmachen. Die meisten unionsgeführten Länder hätten sich bereits vor der Konferenz auf die Ablehnung verständigt, hieß es aus dem Bundesinnenministerium. Bayern und Baden-Württemberg hatten schon am Montag die weitere Aufnahme abgelehnt.

Die CDU-Länder bildeten allerdings keine geschlossene Front. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) hatte die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge am Dienstag bekräftigt. Allerdings müsse sich die Bundesregierung stärker an den Kosten beteiligen. Gleichzeitig sprach sich Vogel für eine „massive Forcierung der Hilfe vor Ort“ aus. Die Lösung des Kosovo-Konflikts könne nicht durch die Aufnahme weiterer Kontingente von Vertriebenen in Deutschland erreicht werden. Die Europäische Union müsse vor allem in Makedonien und Albanien gemeinsam helfen, sagte Vogel.

Die Kosten der Flüchtlingsunterbringung ist dennoch für viele Bundesländer das entscheidende Kriterium. Denn sie müssen einen großen Anteil daran tragen. Die Innenminister verwiesen gestern allerdings hauptsächlich auf die Verpflichtung der übrigen EU-Staaten. Zuerst müßten sie ihre zugesagten Kontingente erfüllen, hieß es von seiten der Union. Auch der Innensenator von Hamburg, Hartmuth Wrocklage (SPD), sagte, jetzt seien die anderen Nato-Partner aufgefordert, „ihren humanitären Beitrag zu leisten“. Deutschland hat bislang mit 10.000 Kosovaren die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Erst gestern zeigte sich auch Großbritannien bereit, „bis zu 1000“ vertriebene Kosovo-Albaner aufzunehmen. Die restriktive Haltung Londons war von der Bundesregierung kritisiert worden. Bisher hat Großbritannien nur 330 Kosovaren aufgenommen.

Ob die Bundesländer langfristig bei ihrer ablehnenden Haltung bleiben, ist offen. Wrocklage versicherte, Hamburg werde aufgeschlossen sein, wenn das UN-Flüchtlingskommissariat um weitere Hilfe bitte. Voraussichtlich soll es am Donnerstag eine weitere Schaltkonferenz geben.

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