piwik no script img

Unterm Strich

Gestorben: Der israelische Schriftsteller und Religionsphilosoph Schalom Ben-Chorin. „Wir sind sehr traurig, aber ruhig. Wir wußten, daß er sehr krank ist“, sagte seine Frau Avital Ben-Chorin. Der in München geborene Ben-Chorin, der am 20. Juli 86 Jahre alt geworden wäre, galt als Protagonist der christlich- jüdischen Verständigung. In seinen über 30 Büchern wies er immer wieder auf die jüdischen Wurzeln im Christentum hin. Zu seinen bekanntesten Werken zählt die Trilogie „Die Heimkehrer“. Unter dem Namen Fritz Rosenthal wurde der Gelehrte als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in München geboren. Nach mehreren Verhaftungen durch die Nazis entschloß er sich 1935, Deutschland zu verlassen, und wanderte nach Palästina aus. Ben-Chorin hat immer wieder betont, der Holocaust habe bei ihm ein zutiefst niederschlagendes Gefühl hinterlassen, dennoch wolle er in der Vergangenheit nicht stehenbleiben. Bereits 1956 suchte er sein Geburtsland erstmals wieder auf, lange bevor die offiziellen Kontakte zwischen Deutschland und Israel hergestellt wurden. In den 60er Jahren organisierten Ben-Chorin und seine Frau Avital die ersten Austauschfahrten deutscher und israelischer Jugendlicher. Darauf folgten unzählige Deutschlandbesuche, unter anderem als Gastprofessor an den Universitäten Tübingen und München. „Durch die Begegnung mit der Jugend ist mir Deutschland wieder zur Heimat geworden“, sagte Ben-Chorin noch im vergangenen Jahr. Der Wissenschaftler und Autor verfaßte alle seine Werke in deutscher Sprache. „Aus einem Land kann man auswandern, aus einer Muttersprache nicht“, meinte er. Chorin, dessen Nachname übersetzt „Sohn der Freiheit“ lautet, gilt als wichtigster Brückenbauer zwischen Juden und Christen. 1993 zeichnete ihn die deutsche Regierung mit dem Großen Verdienstkreuz aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen