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Schwierige Wahlsiege für Tony Blair

Labour siegt bei den Regionalwahlen in Schottland und Wales, verfehlt aber in beiden Fällen die absolute Mehrheit und muß mit den Liberaldemokraten koalieren. Nationalisten werden stärkste Oppositionskraft    ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) –‚/B‘ Die britische Labour-Partei hat die Wahlen zu den neuen Regionalparlamenten in Schottland und Wales gewonnen, aber die Siege haben bei ihr keinen großen Jubel ausgelöst. Zwar wurde die Partei bei den Wahlen am Donnerstag stärkste Partei, sie verfehlte aber die absolute Mehrheit, so daß sie nun die Liberaldemokraten in die neuen Regionalregierungen aufnehmen muß.

Grund dafür ist das neue Wahlsystem. Während zwei Drittel der Mandate nach dem bisherigen Mehrheitswahlrecht als Direktmandate ermittelt wurden, werden ein Drittel nach dem Verhältniswahlrecht verteilt. Bei der dafür abgegebenen neu eingeführten Zweitstimme schnitten die nationalistischen Parteien besser ab als erwartet.

In Schottland, das jetzt zum ersten Mal seit fast 300 Jahren ein Parlament mit weitreichenden Befugnissen erhält, ist nun die SNP (Schottische Nationalpartei) mit mehr als 30 von 129 Sitzen die größte Oppositionskraft. Ihr Vorsitzender Alex Salmond sagte: „Wir werden diese Nation zur nationalen Freiheit und Unabhängigkeit führen.“ Weit abgeschlagen hinter der SNP landeten die Liberaldemokraten und die Tories und unter 20 Sitzen.

Eine peinliche Schlappe mußte New Labour im Wahlkreis Falkirk einstecken. Dort wurde Labour-Dissident Denis Canavan mit riesigem Vorsprung gewählt. Canavan gehörte dem linken Labour-Flügel an, wurde von der Führung als Kandidat jedoch ausgebootet. Als er daraufhin als Unabhängiger kandidierte, warf man ihn aus der Partei. Als weiterer linker Gegner New Labours zieht Tommy Sheridan, der wegen seiner Aktivitäten gegen Margaret Thatchers Kopfsteuer im Gefängnis gesessen hat, für die „Schottische Sozialistische Partei“ ins Parlament ein.

In Wales, das eine Versammlung mit deutlich weniger Macht als das schottische Parlament bekommt, war die Wahlbeteiligung mit 46 Prozent enttäuschend gering. Gestern nachmittag zeichnete sich eine Sensation bei der Auszählung ab: Entgegen allen Prognosen hat Labour wohl mit 29 von 60 Sitzen die absolute Mehrheit knapp verfehlt. Die nationalistische Partei Plaid Cymru hat vor allem in den Labour-Hochburgen im Süden stark zugelegt, so daß sie rund 17 Sitze gewann. Ihr Vorsitzender Dafydd Wigley sagte: „Darin steckt eine deutliche Botschaft an London.“

Der britische Premierminister Tony Blair versuchte, den Wahlergebnissen eine positive Seite abzugewinnen: „Die Einheit des Vereinigten Königreiches ist aus den Wahlen in Schottland und Wales gestärkt hervorgegangen“, behauptete er. „Die große Mehrheit hat Separatismus und Nationalismus eine Absage erteilt.“ Blair bestätigte, daß seine Partei nun mit den Liberaldemokraten über Koalitionen verhandeln werde.

Blair sieht den Pakt mit den Liberalen als Versuchsballon auch für das Londoner Parlament. Es ist ein offenes Geheimnis, daß er auch auf nationaler Ebene zu eine engere Zusammenarbeit bereit ist. Sein Kabinett ist in dieser Frage jedoch gespalten, weil der traditionelle Labour-Flügel strikt dagegen ist. Schottlandminister Donald Dewar, der jetzt der neue schottische Premierminister in Edinburgh wird, ist für eine Koalition, doch Blairs Stellvertreter John Prescott sagte am Mittwoch: „Ich versichere, daß die Labour Party nicht vorhat, sich mit den Liberalen gemütlich einzurichten.“ Schatzkanzler Gordon Brown lehnt eine Koalition ebenfalls ab, weil er verschiedene Forderungen der Liberalen für unbezahlbar und „verblüffend unrealistisch“ hält. Doch Blair wird sich zweifellos durchsetzen.

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