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Kein Verhältnis

■ Hamburg schiebt eine mazedonische Familie ab – mitten ins Flüchtlingselend

In Mazedonien und Albanien solle „Hilfe vor Ort“ geleistet werden, betont die Bundesregierung angesichts der zigtausend Flüchtlinge aus dem Kosovo seit Beginn der Nato-Bombardements. Was darunter zu verstehen ist, stellt die Stadt Hamburg am Beispiel der Familie Januzi unter Beweis: Sie schiebt den Familienvater Elmi Januzi mitten ins Krisengebiet nach Mazedonien ab (taz berichtete). Der Eingabenausschuß der Bürgerschaft hat nun seine Petition dagegen abgelehnt. Einstimmig – mit den Stimmen auch der GAL.

„Vorher gab es eine lebhafte Diskussion“, versucht der GAL-Abgeordnete Mahmut Erdem die Zustimmung seiner Fraktion zu relativieren. Außerdem werde zunächst nur der Familienvater abgeschoben. Die zwei schulpflichtigen Kinder dürften bis zum Ende des Schuljahres bleiben. Nach dessen Ablauf im Sommer, so die Folgerung daraus, müssen auch sie aus Deutschland ins Krisengebiet ausreisen. Lediglich die Mutter darf mit dem jüngsten Kind hierbleiben: Sie ist Kosova-Albanerin.

Auch daß dadurch die Familie auseinandergerissen wird, konnte den Petitionsausschuß nicht in seiner Entscheidung erschüttern. „Der Vater hat früher bereits getrennt von seiner Familie in Mazedonien gelebt“, begründet GALier Erdem. Eine andere Wahl war Elmi Januzi auch nicht geblieben. Schon zwei Mal hatte die Ausländerbehörde ihn ausgewiesen.

„Es ist eine Schande für Hamburg“, beurteilt Rechtsanwalt Anton Eger die Entscheidung. „Deutschland brüstet sich damit, daß 10.000 Kosovo-Flüchtlinge aufgenommen werden, und heimlich werden Menschen ins Elend geschickt“. Wohl lebe der Vater von Elmi Januzi und einige Geschwister in Mazedonien – jedoch in ärmlichsten Verhältnissen. Platz für Elmi Januzi und seine Kinder gebe es dort nicht.

In seiner Petition hatte Eger deshalb noch eindringlich gewarnt: „Der Vater wird sich mit seinen Kindern in einem von den Vertriebenen aus dem Kosovo überfüllten Flüchtlingslager wiederfinden“. Für die Hamburger Ausländerbehörde ist das indes kein Argument, so Sprecher Norbert Smekal: „Die Zahl derer, die von uns zurückgeführt werden, steht in keinem Verhältnis zur Anzahl der Flüchtlinge dort“. Elke Spanner

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