American Pie: Störenfried no more
■ Chris Webber und die Sacramento Kings überraschen nicht nur die Utah Jazz
Es dauerte sechs Jahre, aber im achten Versuch hat es Chris Webber endlich geschafft, doch mal ein NBA-Playoff-Spiel zu gewinnen. Nach erfolglosen Anläufen mit Golden State und Washington und einer depremierenden Niederlage zum Playoff-Auftakt gewannen seine Sacramento Kings das zweite Spiel der Best-of-five-Serie mit 101:90 bei den Utah Jazz.
Webber ist ohne Zweifel einer der besten Basketballspieler, die dieser Planet je gesehen hat, da ist sich die ganze NBA einig. Nur leider ist er auch einer der kompliziertesten. Drogengeschichten, Ärger mit der Polizei und Auseinandersetzungen mit seinen Trainern waren an der Tagesordnung. In der Folge wurden die Teams um ihn herum oft zu untereinander zerstrittenen Hühnerhaufen. Sowohl das Management der Golden State Warriors als auch das der Washington Wizards (die damals noch Bullets hießen) waren froh, den talentierten, aber undisziplinierten Störenfried loszuwerden.
Aber während die Wizards eine unterirdisch schlechte Saison durchlitten, wandelte sich Webber in Sacramento zum Lämmchen, und die Kings wurden zur Überraschung der regulären NBA-Saison. Vor allem der von den Charlotte Hornetsabgeschobene Center Vlade Divac und Rookie-Point-Guard Jason Williams, den viele Teams nicht draften wollten, weil er im College zweimal mit THC im Blut erwischt worden war, spielten überragend.
Webber selbst hatte ein Jahr, das ihn zum Kandidaten für den MVP-Titel als „wertvollster Spieler der Liga“ machte und die traditionell mittelmäßigen Kings erst zum zweiten Mal in den letzten 13 Jahren in die Playoffs brachte. Er war der erfolgreichste Rebounder der Liga, gehörte zu den besten Korbschützen und Schußblockern, und nur drei Spieler standen durchschnittlich länger für ihre Teams auf dem Platz.
Doch beim 87:117 im ersten Spiel gegen Utah setzte sich nicht nur seine persönliche Serie von Playoff-Enttäuschungen fort, es war zudem die heftigste Playoff-Niederlage in der 51jährigen Kings-Geschichte. „Man kann sich nicht vorstellen wie frustrierend das war“, sagte Webber, der sich schnell einige Fouls einhandelte und lange auf der Bank saß, „man kann nicht viel machen, wenn man nicht auf dem Platz steht.“
Entsprechend motiviert ging er in die zweite Partie. Übermotiviert, würde wohl John Stockton sagen. Das Spiel war exakt neun Sekunden alt, da beging Webber ein absichtliches Foul an Stockton, nach dem sich der Point Guard der Jazz leicht benebelt und auf dem Hallenboden wiederfand. „Wir mußten sie wissen lassen, daß wir da sind“, meinte Webber. Und die Kings waren im Vergleich zum ersten Spiel nicht wiederzuerkennen. In der Schlußphase war es Webber vorbehalten, mit zwei Hakenwürfen über Karl Malone hinweg den Sieg zu sichern. Nach dem Beenden seines persönlichen Negativserie wartet auf Webber nun allerdings eine noch gewaltigere Aufgabe. Seit 1981 haben die Kings keine Playoff-Serie mehr gewonnen. Das Selbstvertrauen, die hochfavorisierten Jazz zu schlagen, fehlt Webber nach seinen erfolgreichen Würfen in den letzten Minuten nicht: „Das sind meine Würfe, und ich muß sie treffen, sonst können wir nicht gewinnen.“ Heute abend treten die Jazz zum dritten Spiel der Serie in Sacramento an. to
NBA-Achtelfinale: Miami Heat - New York Knicks 83:73 (Stand 1:1); Atlanta Hawks - Detroit Pistons 89:69 (2:0), Portland - Phoenix Suns 110:99 (2:0)
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