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Ruander kommt wegen Völkermord vor Gericht

■ Tansania will einen Major, der für den Tod zehn belgischer UN-Soldaten verantwortlich sein soll, nach Ruanda ausliefern. Belgien und Ruanda hatten sich um ihn gestritten

Berlin (taz) – Ein des Völkermords beschuldigter Militär aus Ruanda, um den sich die Justiz seiner Heimat und die der ehemaligen Kolonialmacht Belgien streiten, wird vermutlich in Ruanda vor Gericht gestellt. Dort droht ihm die Todesstrafe. Der Ex-Major der ruandischen Armee, Bernard Ntuyahaga, werde „sehr wahrscheinlich“ aus Tansania nach Ruanda ausgeliefert, sagte gestern ein Sprecher der tansanischen Staatsanwaltschaft. Generalstaatsanwalt Juxon Mlay präzisierte, man habe „beschlossen, dem ruandischen Antrag zu folgen“.

Sowohl Ruanda wie auch Belgien hatten Ende März von Tansania die Auslieferung Ntuyahagas beantragt. Zuvor hatte das internationale Ruanda-Tribunal im tansanischen Arusha ihn bei seinem ersten Erscheinen im März wegen Formfehlern freigelassen. Er war noch am gleichen Tag in tansanische Haft gekommen.

Ntuyahaga wird eine Schlüsselrolle zu Beginn des ruandischen Völkermordes von 1994 vorgeworfen, als Milizen und Armee in Ruanda über 800.000 Menschen – zumeist Tutsi – ermordeten. Er war Mitglied des Generalstabs und soll am 7. April die Ermordung der damaligen ruandischen Premierministerin Agathe Uwilingiyimana sowie der zehn zu ihrem Schutz abgestellten belgischen UN-Blauhelmsoldaten veranlaßt haben. Nach belgischen Berichten brachte Ntuyahaga die Belgier unter dem Vorwand, sie zu schützen, mit einem Kleinbus vom Haus der Premierministerin in ein Militärlager und übergab sie dann seinen Soldaten mit der Erklärung, dies seien die Mörder des ruandischen Hutu-Präsidenten Juvenal Habyarimana. Der war am Tag zuvor beim Abschuß seines Flugzeugs ums Leben gekommen.

Uwilingiyimanas Tod ermöglichte die Bildung einer radikalen Militärregierung in Ruanda, die fortan den Völkermord organisierte; der Tod der zehn Soldaten aus Belgien veranlaßte die in Ruanda stationierte UN-Truppe zum Stillhalten und schließlich zum Abzug. Nach dem Völkermord floh der Major nach Sambia, stellte sich aber im vergangenen Juni dem Ruanda-Völkermordtribunal.

Daß zwei Länder sich um die Aburteilung eines Verdächtigen streiten, zeigt, welche Bedeutung inzwischen der juristischen Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda beigemessen wird. In Ruanda sind derzeit Verfahren gegen mehrere hochrangige mutmaßliche Täter geplant, unter anderem gegen einen katholischen Bischof. In der Schweiz fand im April der weltweit erste Prozeß gegen einen des Völkermordes angeklagten Ruander außerhalb Ruandas oder des internationalen Tribunals statt. Fulgence Niyonteze, ein ehemaliger Bürgermeister, wurde von einem Militärtribunal zu lebenslanger Haft verurteilt. In Belgien, wo einige Zeit des Völkermords verdächtige Ruander ungestört leben konnten, sind jetzt etwa dreißig Völkermordprozesse in Vorbereitung. Dominic Johnson

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