: Neues aus der Zwischenwelt
■ Die Vorschau: Im Modernes ulkt Django Asül, ein niederbayerischer Kabarettist in mediterraner Hauthülse
Einer spricht Türkisch. Na ja, zumindest könnte es Türkisch sein. Zumindest wenn es nicht Belorussisch ist. Oder Klingonisch. Dann wird die rassistische Klassifizierung einfacher: „Nix verstehn? Weißt Du, ich jetzt schon 25 Jahre hier. Auch viel nix verstehen. Als ich kommen nach Bayern, alles war so einfach. Und heute alles durcheinand. Schau, heute kannst Du sehen CDU-Mann essen Pizza. Und Grüne schon fahren Auto. Aber kannst Du vorstellen in Bayern Kreuze verboten? Was ich dann sollen machen auf Lottoschein? Man tut auf Kultur Wasser lassen, ähem, ich meine, Kultur verwässern ...“
Die erste CD des Kabarettisten Django Asül, „Hämokratie“ (1997), beginnt und endet mit jener „Kannaksprak“, die seit Feridun Zaimoglu das Symbol lustvoller Zugehörigkeitsverweigerung sowohl gegenüber „Heimat“ als auch gegenüber dem „Gastland“ ist. Der Rest der CD ist lieblichstes, butterweiches Niederbayerisch, das in (bayerischen) Ohren klingt wie Engelsharfen in Biersoße gekocht, also voller „Brotzeit“ und „Wadeln“ (ekligen, fetten Weiberwadeln inklusive Cellulitis natürlich).
Django Asül ist in der wunderbaren Stadt Deggendorf geboren. Die nächst gelegenen Metropolen haben so klangvolle, weltläufige Namen wie Straubing (Agnes Bernauer) oder Passau (Bischofssitz). Als waschechter Niederbayer mit muselmanischem Aussehen mußte er sich im Laufe seines 27jährigen Erdendaseins hunderttausendmal die Frage gefallen lassen „Jo. Wo kumst denn nachert Duuu her.“ Üppig ist die Palette der Antwortmöglichkeiten: „Von Deggendorf.“ Oder: „Von da Ursel.“ Oder: „Von dahoam.“ Was bei polizeilichen Fragen nach dem „Status“, nachts, auf der Autobahn, mit messerscharfer Logik zur Antwort führt: „Ich habe den Status des Heimfahrers.“ Nicht weniger als über bayerische Beamte mußte Django Asül aber über seine Anverwandten in der Türkei staunen: „Ein jeder nimmt dich auf den Schoß, ein jeder busselt dich ab, da hast du schon bei der ersten Begegnung 17.000 Kalorien verbraucht.“
Das Leben in einer Mischexistenz zwischen zwei Kulturen ist nun schon zu Genüge beschrieben. Deshalb betreibt Django Asül goar ned amoi so oarg schneidende, antirassistische Aufklärungsarbeit. Sein Kabarett schmunzelt eher milde über das unspektakuläre Nebeneinandervorbeireden in jedermanns Alltag. Zum Beispiel unter Bankangestellten oder Tennislehrern. Iiiih, ausgerechnet diese Prototypen des deutschen Arschloch-tums; klischeehafter geht's nicht, könnte man meinen. Wie reizend, wenn man in Asüls Biografie liest, daß der arme Mann tatsächlich nach dem Abitur sein Leben als Bankangestellter und Tennislehrer fristete. Manche haben es schon immer gesagt: Nichts ist wahrer als strunzsimple Klischees. Das aktuelle Programm Asüls ist also gespeist von Autobiografischem: „Der Weg vom homo faber zum homo laber.“ Und auf diesem Weg liegen nicht nur Steine, sondern Wurstbrote, Fallschirmsprünge ohne Fallschirm und niederbayerische Cellulitiswadeln. bk
15. Mai, 20.30 Uhr im Modernes
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