: EU bleibt hormonrinderfrei
■ Im Handelskonflikt mit den USA läßt Brüssel das Ultimatum der WTO verstreichen. Deutsche Ernährungswirtschaft befürchtet Komplettausfall beim Export
Washington/Berlin (taz) – Der Handelsstreit zwischen der Europäischen Union und den USA geht in eine neue, schärfere Runde. Im Konflikt um das EU-Einfuhrverbot für hormonbehandeltes Rindfleisch aus den USA und Kanada hat die EU gestern die von der Welthandelsorganisation (WTO) gesetzte Frist zur Aufhebung des Embargos verstreichen lassen. Man müsse noch entscheidende wissenschaftliche Untersuchungen abwarten, sagte ein Sprecher der EU-Kommission.
Die USA drohen jetzt mit hohen US-Strafzöllen auf Waren aus der Europäischen Union. Diese könnten die im Bananenstreit angekündigten Zölle weit übertreffen: Washington hat Strafzölle von bis zu 100 Prozent auf bestimmte EU-Güter angekündigt – diese sollen ab Mitte Juli erhoben werden.
Die EU hatte über hormonbehandeltes Rindfleisch aus den USA ein Importverbot verhängt. Begründung: Eine gesundheitliche Gefährdung sei nicht auszuschließen. Die WTO, die bei Handelsstreitigkeiten schlichten soll, hatte befunden, daß es keinen Grund dafür gebe, Rindfleisch von Tieren, deren Mast durch Hormonbeigabe verkürzt und angeblich verbessert werde, dem Konsumenten vorzuenthalten. Dagegen hatte die EU erst in der vergangenen Woche eine Studie vorgelegt, die einem der sechs angewendeten Hormone eine krebserregende Wirkung nachweist.
„Das sind recycelte Argumente, die alle bei der WTO schon durchgefallen sind“, meint Peter Scher, amerikanischer Handelsunterhändler in Sachen Rindfleisch. „Dutzende von Studien haben belegt, daß die Hormonrückstände im Rindfleisch nicht gesundheitsgefährdend sind“, so Tim Galvin vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium. „Die Europäer wollen ihren Markt nur gegenüber der amerikanischen Konkurrenz abschotten.“
Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie erklärte, durch die Eskalation der Handelskonflikte mit den Vereinigten Staaten könne es zu einem fast vollständigen Zusammenbruch des Exports der deutschen Lebensmittelindustrie in die USA kommen. Allein die Androhung von Strafzöllen wegen der Bananenmarktordnung habe gereicht, daß derzeit weder Käse oder Kekse noch Fruchtsäfte und Spirituosen in die USA exportiert würden.
Amerikanische Rindermäster halten das EU-Embargo für grundlegend falsch: „Wie wollen wir denn morgen zehn Milliarden Menschen ohne moderne Mast- und Zuchttechnologie ernähren?“ fragte einer. „Die Europäer werden ihren Widerstand aufgeben müssen.“
P. Tautfest/Marion Förster
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen