: Smokers Universum
■ Im Vergleich zu den relaxten und bekifften Sounds von Nightmares On Wax ist TripHop Hochgeschwindigkeitsmusik
George Evelyn, das Hirn von Nightmares On Wax, hat seine Erfolgsformel gefunden. Das Prinzip der eklektizistischen Soundverschmelzungen, das bereits auf dem 95er-Album „Smokers Delight“ ausgiebig zum Tragen kommt, führt er mit seinem neuen Album „Carboot Soul“ vier Jahre später konsequent weiter. Als wäre in der Zwischenzeit nichts geschehen. Was gestern gut war, kann heute nicht schlecht sein heißt Evelyns Maxime, und eigentlich kann man ihm deswegen nicht böse sein.
Etwas wenig ist das allerdings, bedenkt man, daß Nightmares On Wax zum einen 1991 einer der ersten Acts auf dem damals noch recht jungen Sheffielder Label „Warp“ war - bis heute eine der wichtigsten Plattenfirmen für elektronische Musik überhaupt. Und zum anderen die beiden ersten Nightmares-On-Wax-Alben auch wirklich Bahnbrechendes geschaffen haben.
Das erste war eine durchgeknallte Melange aus Acid, House und anderen elektronischen Versatzsstücken, die in einer bis dato nicht gekannten Art zusammengetragen wurden: „Aftermath“, so hieß das Debüt, gilt heute als Techno-Klassiker. Die Veröffentlichung von „Smokers Delight“ wiederum fiel mit einem gänzlich anderen Sound mitten hinein in die Trip-Hop-Euphorie der mittleren Neunziger. Damals wurden Portishead, Tricky und das hippe englische Label Mo Wax als der heißeste Scheiß überhaupt gehandelt. Doch dieses Nightmares-On-Wax-Album war seinerzeit die wirklich smarteste Mischung aus Soul, Jazz und HipHop. So dermaßen relaxt und bekifft wie dieses Album klang, entlarvte es jedes TripHop-Album als Hochgeschwindigkeitsmusik.
Die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten durch ein paar gelungene Griffe in die Plattensammlung erweitern: Dieses Konzept verfolgt George Evelyn bis heute. Und er hat Geschmack. Quincy Jones, Smokey Robinson oder Marvey Gaye: Was dem Hipster und Kenner der Musikgeschichte gefällt, ist Evelyn gerade gut genug. Vor allem Stil und Eleganz sind die herausragendsten Merkmale der Produkte seiner Arbeit. Ob die relaxte Musik von Nightmares On Wax aber noch den Zeitgeist trifft, diesen komischen Gesellen, der heute hier und morgen schon wieder ganz anders ist, sei einmal dahingestellt. Heute läuft in den Boutiquen doch eher Puff Daddy, To Rococo Rot oder Underworld: TripHop und auch die Sounds von Evelyn liegen mittlerweile ganz oben auf dem Abfallhaufen der Musikgeschichte. Schade, aber unabänderlich Andreas Hartmann
Heute ab 21 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen