: Tote Journalisten sind gefährlich
■ Mord an einem berühmten Publizisten erschüttert Burkina Faso
Es ist ein schlechtes Zeichen für die politische Kultur eines Landes, wenn ein kritischer Journalist tot mehr Aufsehen erregt als lebendig. Das westafrikanische Burkina Faso befindet sich im Aufruhr, seit der Enthüllungsjournalist Norbert Zongo ermordet wurde – möglicherweise auf Befehl von ganz oben.
Zongo, der die Wochenzeitung L'Independant herausgab, war am 14. Dezember 1998 auf einer Landstraße zusammen mit drei Freunden tot in seinem ausgebrannten Auto aufgefunden worden. Das Auto war voller Einschußlöcher. Der Mord erregte die zehn Millionen Einwohner Burkina Fasos wie kein anderes Ereignis seit der Ermordung des Staatschefs und Revolutionshelden Thomas Sankara 1987 durch seinen bis heute herrschenden Nachfolger Blaise Compaore.
Und möglicherweise war auch für Zongos Mord der Präsident mitverantwortlich. Eine nach öffentlichem Druck eingesetzte Untersuchungskommission nannte am 7. Mai Mitglieder der Präsidialgarde als Mordverdächtige. Zongo hatte vor seinem Tod darüber recherchiert, daß der Bruder des Staatschefs seinen Chauffeur umgebracht haben könnte.
Mit dem Untersuchungsbericht wurde Zongos Tod zur Staatsaffäre. Schon in den letzten Monaten hatte das sonst schläfrige Burkina Faso viel Unruhe erlebt: wütende Demonstrationen, Ministerrücktritte, brutale Polizeieinsätze bis hinein in die Kathedrale der Hauptstadt Ouagadougou, Zusammenschluß der Opposition in ein Aktionsbündnis, nachdenkliche Kommentare der Presse über das Ende des politischen Friedens. Die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts hat nun das Faß zum Überlaufen gebracht.
Nach Schülerprotesten schloß die Regierung am vergangenen Freitag sämtliche Bildungseinrichtungen in den zwei größten Städten des Landes. Robert Menard, Leiter der internationalen Journalistenvereinigung „Reporter ohne Grenzen“ und Mitglied der Untersuchungskommission, wurde ausgewiesen. Zu Wochenbeginn wurden drei der prominentesten Oppositionellen des Landes verhaftet. Sollte die Eskalation andauern, droht Burkina Faso, bisher eines der wenigen friedlichen Länder Westafrikas, der Bürgerkrieg. Dominic Johnson
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