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Steuerfrei in die Pleite

Hamburg drohen Mindereinnahmen: 700 Millionen Mark weniger in den drei nächsten Jahren werden für weiteren Sparkurs sorgen  ■ Von Sven-Michael Veit

Aller Optimismus ist verflogen. Die Hoffnungen des rot-grünen Senats, im Jahr 2001 die öffentliche Kasse saniert zu haben, haben sich gestern zerschlagen. Mehr als 700 Millionen Mark weniger Steuereinnahmen in den nächsten drei Jahren als gedacht, lautet die neue Prognose von Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD).

Die vom Arbeitskreis Steuerschätzung vorgelegte Mai-Prognose – eine zweite gibt's immer im November – sagt für die Hansestadt Mindereinnahmen von 40 Millionen Mark im nächsten und von 225 Millionen im darauffolgenden Jahr sowie ein Minus von sogar 450 Millionen Mark im Jahr 2002 voraus. Zwar sollen in diesem Jahr noch 188 Millionen Mark mehr in die städtischen Kassen fließen als im Haushaltsplan vorgesehen, doch das selbstgesteckte Ziel ist in weiter Ferne: die Ausgleichung des Betriebshaushaltes in 2001.

Gleichwohl, beteuert die Finanzsenatorin, „halten wir unverändert an diesem Ziel fest“. Sollte diese Aussage mehr als bloße Rhetorik sein, bedeutet das: Mit dem Sparen wird jetzt erst richtig angefangen. Denn bislang ging die mittelfristige Finanzplanung Hamburgs davon aus, daß in 2001 ein leichter Überschuß von 14 Millionen und in 2002 ein sattes Plus von 270 Millionen Mark zu erwarten seien. Diese Schätzungen mußte Nümann-Seidewinkel gestern auf Jahresdefizite von 211 und 180 Millionen Mark nach unten korrigieren. Da fallen selbst die Zusatzeinnahmen im laufenden Jahr nicht groß ins Gewicht. Sie verringern das prognostizierte Minus im 18,3 Milliarden Mark schweren Etat lediglich auf eine glatte Milliarde.

Um dieses Defizit auszugleichen, soll der Ausverkauf hamburgischen Tafelsilbers fortgesetzt werden. Bereits vor zwei Wochen hatte der Senat beschlossen, 25,1 Prozent seiner Anteile an den Hamburgischen Electricitätswerken (HEW) auf dem Aktienmarkt feilzubieten. Welche weiteren Verkäufe unmittelbar bevorstehen, wollte Nümann-Seidewinkel gestern nicht verraten.

Die wesentlichen Ursachen für die drohende Pleite sieht die Senatorin nicht in Hamburg, sondern im Bund. Die schleppende Konjunktur sorge allgemein für geringere Steuereinnahmen, die neuen Steuerentlastungsgesetze täten ein übriges, um auch die Hansestadt „vor erhebliche Probleme“ zu stellen. Ein „wesentlicher Faktor“ dabei sei, daß Hamburg in den Länderfinanzausgleich jährlich 150 bis 200 Millionen Mark zusätzlich einzahlen müsse.

Noch mehr Ungemach drohe durch die geplante Unternehmenssteuerreform und die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Familienleistungsausgleich. Die rot-grüne Bundesregierung müsse in beiden Fällen „für eine vollständige Gegenfinanzierung“ sorgen. Hamburg und auch die anderen Bundesländer, so Nümann-Seidewinkel, „haben nichts mehr zu verschenken“.

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