: Wogen der Schuldzuweisungen
Nach dem Hochwasser in Bayern schieben sich die Behörden gegenseitig die Verantwortung zu. Altstadt von Passau überschwemmt ■ Aus Augsburg Klaus Wittmann
Während der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber gestern noch im Hubschrauber saß, um sich bei einem Hochwasserrundflug über das Ausmaß der Fluten am Pfingstwochenende zu informieren, schlugen unten am Boden, in den betroffenen Gebieten und der Landeshauptstadt München, die Wogen hoch. Ganz andere Wogen freilich als die des Jahrhunderthochwassers, denn jetzt geht es um die Schuldfrage.
In der Kritik stehen mehrere Behörden und Institutionen. Bayrische SPD-Abgeordnete monierten, das Umweltministerium habe zu spät und zu mangelhaft informiert. Dieses gab jedoch prompt den Schwarzen Peter an den Deutschen Wetterdienst (DWD) weiter. Umweltminister Werner Schnappauf rechtfertigte gestern seine Pressemitteilung vom vergangenen Freitag. Darin war lediglich vor starken Regenfällen und einer Hochwassergefahr gewarnt worden, allerdings mit dem Zusatz, die Auswirkungen dürften sich in Grenzen halten, falls, wie vorausgesagt, die Regenfälle nachlassen würden.
Hochwasseropfer kritisieren inzwischen diese „offizielle Verharmlosung“. Denn die offiziellen DWD-Daten und -karten hätten auch anders interpretiert werden können, wie die Wetternachrichten des privaten Rundfunksenders Antenne Bayern zeigten. Den ganzen Freitag über wurde hier vor „katastrophalen Überschwemmungen und Murenabgängen“ gewarnt.
Kritik wegen unzureichender Informationspolitik wird auch an städtischen Behörden und den Wasserwirtschaftsämtern geübt. Vor allem die Stadt Augsburg wird scharf kritisiert. Die Grünen im Stadtrat sprechen von einer katastrophalen Informationspolitik und mangelnder Vorsorge. Das völlig veraltete Wertachwehr in Augsburg sei nicht kontrolliert worden. Durch einen Dammbruch wurden gleich mehrere Stadtteile überflutet.
Mangelnde Information wurde auch Passau zum Verhängnis. Eine völlig unerwartete Hochwasserwelle des Inns überschwemmte gestern morgen die Altstadt. Die Stadt richtete schwere Vorwürfe an die Österreichisch-Bayerischen Kraftwerke (ÖBK), die ohne vorherige Information Wasser abgelassen hätten.
Der Bürgermeister rief Katastrophenalarm aus. Der Leiter des Ordnungsamts, Josef Zacher, sagte, die Welle auf dem Inn habe die Stadt unvorbereitet getroffen. Der ÖBK „müßte es eigentlich möglich sein, die Stadt rechtzeitig zu informieren“, wenn sie Schleusen ihrer Speicherseen öffne. Von der Überschwemmung der Altstadt waren 500 Menschen und viele Geschäfte und Hotels betroffen, zwei Bundesstraßen wurden unpassierbar.
Das Landesamt für Wasserwirtschaft gab unterdessen zum Teil Entwarnung. Die Situation auf der Donau zwischen Kelheim und Passau sei zwar noch immer kritisch. Dahinter sinke das Wasser aber zentimeterweise. In Ingolstadt war mittags die niedrigste Meldestufe erreicht, in Neu-Ulm war die Meldegrenze unterschritten. Am Bodensee verharrt das Hochwasser auf hohem Niveau, die Insel Lindau blieb weitläufig überschwemmt.
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