: „Wir stehen an der Tür zum Frieden“
■ Bundesaußenminister Fischer verbreitet nach Treffen mit seinen Amtskollegen Madeleine Albright und Robin Cook Optimismus. Eine UN-Resolution sei so gut wie fertig, die Planung für die Kosovo-Friedenstruppe abgeschlossen. „Milosevic muß endlich einlenken“
Bonn/Washington (dpa/taz) – Einigkeit gegen die Gewaltpolitik des serbischen Präsidenten Slobodan Miloevic – das ist, knapp zusammengefaßt, der kleinste gemeinsame Nenner der Gespräche von Bundesaußenminister Joschka Fischer mit dem Briten Robin Cook und, am Tag zuvor, mit Madeleine Albright in Washington. Er sei sich mit Cook völlig einig, sagte Fischer gestern in Bonn, daß sich die Politik der ethnischen Kriegsführung durch die serbische Seite nicht durchsetzen dürfe. Miloevic müsse endlich einsehen, daß er nur die Möglichkeit habe einzulenken, betonte auch Cook, der in den vergangenen zwei Wochen der energischste Befürworter eines raschen Einsatzes von Bodenkampftruppen im Kosovo war. Die Politik des ethnischen Hasses werde in Europa nicht toleriert, sagte er. Gemeinsam mit Fischer will er sich dafür einsetzen, daß die Öllieferungen an Jugoslawien nicht nur über die Adria, sondern auch auf der Donau vollständig gestoppt werden.
Fast schon optimistisch klang Fischer am Abend zuvor in Washington: „Wir stehen an der Tür zum Frieden“, sagte er zum Abschluß seiner Gespräche mit der US-Außenministerin Madeleine Albright, „nur ist die Tür noch geschlossen“. Öffnen werde sie sich das nächste Mal, fügt er hinzu – also vielleicht schon bei dem bevorstehenden G-8-Gipfel der Außenminister und Staatschefs in Köln.
Joschka Fischer gab sich große Mühe, seinen Besuch bei Madeleine Albright als reine Routineangelegenheit erscheinen zu lassen, von der man sich keinen Durchbruch erwarten sollte. „Wir telefonieren täglich miteinander“, versichert Madeleine Albright, „nächtlich“ korrigiert Fischer, denn für ihn ist immer schon Nacht, wenn der Anruf aus dem State Department kommt.
Im Prinzip sei eine Friedenslösung ausgearbeitet, erläuterte Fischer sein Bild von der „Tür zum Frieden“: Eine Resolution für den Sicherheitsrat sei so gut wie fertig, an einem einzigen Nachmittag könnte der UN-Sicherheitsrat einberufen und die Resolution verabschiedet werden.
Die Pläne für die militärische Sicherung des Kosovo für die Rückkehr der Flüchtlinge sind ebenso bis in die Details ausgearbeitet wie die Modalitäten einer zivilen Übergangsregierung, einziger Haken, so Fischer: Noch spielt Miloevic nicht mit. Darum eben sei die Tür noch geschlossen.
Beide betonten, daß die Nato strikt an ihren zentralen Forderungen zur Zukunft des Kosovo und zur Rückkehr der Flüchtlinge festhalte. „Mit weniger werden wir uns nicht zufriedengeben“, sagte Albright. Fischer räumte ein, daß eine symbolische serbische Militärpräsenz an der Grenze des Kosovo denkbar wäre – allerdings nur, wenn die Forderungen nach einem Abzug der jugoslawischen Verbände, der Rückkehr der Flüchtlinge, der Stationierung der Friedenstruppe und einer Autonomieregelung für die Provinz erfüllt seien.
Über so strittige Fragen wie den Einsatz von Bodentruppen sei gar nicht geredet worden, erklären beide. Das sei Sache der Militärs, und auch über die Details einer diplomatischen Lösung sei es nicht eigentlich gegangen, diese werde zur Zeit in Gesprächen zwischen Albrights Stellvertreter Strobe Talbot und der Moskauer Führung ausgearbeitet.
„Wir haben die Situation nach dem Krieg beredet“, berichtet Albright. Die Friedenstruppe werde größer als ursprünglich angenommen sein müssen, darüber habe man gesprochen und über die gemeinsame Initiative der Allianz, die Länder des Balkans nach dem Krieg in den „euroatlantischen Mainstream“ zu bringen. „Manche Kommentatoren haben das einen Marshallplan genannt, der Vergleich hinkt zwar, aber wenn's denn zur Veranschaulichung dient, sei's drum“, meinte Fischer.
Albright zeigte Verständnis für das innenpolitische Dilemma Fischers: „Er kommt aus einer Tradition des Pazifismus und des Aktivismus zugleich, die Befürwortung des Einsatzes von Gewalt fällt ihm nicht leicht, um so bedeutender ist die völlige Übereinstimmung zwischen uns – und denen aller anderen Nato-Mitgliedsstaaten“, lobt Albright.
„Der Krieg hat nicht vor sechs Wochen, sondern 1991 begonnen“, erklärte Fischer. Er begann mit Serbiens Krieg gegen Slowenien, Kroatien und Bosnien, das Kosovo müsse das Endspiel sein, sonst gehe er im Sandjak, in Montenegro und in Makedonien weiter – und in Albanien käme es zu einer Explosion des Nationalismus. Für Fischer geht es vor allem darum, einen Ausweg aus der Zwickmühle zu finden, in die die Nato geraten ist. „Die Flüchtlinge müssen zurück, sonst haben wir im heraufziehenden Balkanwinter und in ganz Europa eine Flüchtlingskatastrophe, zurückkehren aber wollen die Flüchtlinge nur, wenn sie vor serbischen Truppen sicher sein können.“
Wie lange der letzte Akt vor der verschlossenen Tür noch dauern könne, darüber wollte Fischer nicht spekulieren.
Peter Tautfest
„Er kommt aus einer Tradition des Pazifismus und Aktivismus – um so bedeutender ist die Übereinstimmung zwischen uns“, so Albright
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