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Hertha im siebten Fußballhimmel

■ Heute feiert Hertha den Einzug in den Europacup. Nur: Für die internationalen Spiele sperrt die Uefa Teile der Zuschauerplätze

Mit völlig neuen Gefühlen schauten die Spieler von Hertha BSC am Mittwoch auf das Treffen der Giganten in der Champions League. Sonst warf man stets neidvolle Blicke auf die Königsklasse, jetzt ist Vorfreude auf Kommendes und Erinnerung an „goldene Jahre“ angesagt. Bei ihrem achten Auftritt im Fußball-Europacup hat die Hertha in der kommenden Saison erstmals selbst die Riesenchance, über eine erfolgreiche Qualifikation am 10. und 24. August in der Eliteliga mitzukicken.

„Es ist phantastisch, das mitzuerleben. Niemand durfte damit vor der Saison rechnen“, sieht sich Trainer Jürgen Röber im siebten Fußballhimmel. Und Manager Dieter Hoeneß rechnete aus, daß die Hertha mit den nunmehr sicheren, mindestens vier EC-Spielen auf Einnahmen von vier bis sechs Millionen Mark hoffen darf.

Aber Hertha BSC muß davon ausgehen, daß bei den Spielen in der kommenden Saison nicht alle 76.000 Plätze im Berliner Olympiastadion zur Verfügung stehen werden. Geschäftsführer Ingo Schiller sagte am Freitag, der Verein habe nicht alle Auflagen des Europa-Verbandes Uefa erfüllt. Wie viele Plätze gesperrt werden müssen, konnte Schiller nicht sagen. Über den DFB wurde nach seinen Worten jedoch der Antrag gestellt, das Olympiastadion für die Spiele nutzen zu dürfen. Hauptproblem sind die fehlenden Schalensitze mit Rückenlehnen.

Als Irrtum erwies sich allerdings der vor dem fast ausverkauften Match am Samstag gegen den Hamburger SV zunächst von Hertha-Seite verbreitete Glaube, daß man mit einem dritten Platz in der Bundesliga auf einen „leichteren“ Gegner im internationalen Geschäft treffe als mit dem vierten Rang, der nur im Falle der dritten Saison-Heimniederlage gegen die Hamburger wahrscheinlich wäre.

Der lange Weg des 107jährigen Berliner Lieblingsvereins von der in Bestechungsaffären verwickelten „Skandalnudel“ Mitte der 60er bis hin zum beachteten Rivalen der etablierten Dortmunder oder Lauterer hatte bislang international seinen Höhepunkt in der Saison 1978/79. Gern erinnern sich Alt-Herthaner an die Cup-Serie vor 20 Jahren, in der ihr Team das Tor zum Uefa-Cup-Finale schon weit aufgestoßen hatte. Nach einem 0:1 im Halbfinal-Hinspiel bei Roter Stern Belgrad führten die Berliner vor 80.000 Zuschauern im Rückspiel schon mit 2:0, ehe ein Treffer der Jugoslawen alle Finalträume platzen ließ.

In der dritten Runde der Champions-League-Qualifikation müssen sich die Berliner nun auf einen Gegner vom Kaliber Dynamo Kiew oder Glasgow Rangers einstellen. „Unglaublich, was jetzt auf uns zukommt, wenn man bedenkt, daß diese Mannschaft vor zwei Jahren noch in der zweiten Liga spielte. Es ist wie ein Traum“, zeigt sich Kapitän Kjetil Rekdal begeistert.

Wenn auch die letzten EC-Husarenritte vielen nur noch aus Erzählungen oder Filmarchiven bekannt sind, ganz ohne internationale Erfahrung sind die Mannen von Röber nicht. Immerhin konnten neun Kicker in anderen Vereinen Europacup-Luft schnuppern. Bryan Roy durfte sich aber als einziger der Truppe schon einmal mit Pokallorbeer schmücken: 1992 gewann der Niederländer mit Ajax Amsterdam den Uefa-Cup. dpa

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