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Fremd und allein

Die orientalische Musik reißt die Zuschauer mit. Alles ist in Bewegung, und auch die lebensfrohen Jungen und Mädchen, die auf der Bühne des Hamburger Schlachthofes tanzen, sind unterwegs – auf der Suche nach einer neuen Heimat.

Die fünfzehn minderjährigen Flüchtlingskinder aus Afghanistan und Afrika besitzen kaum mehr als einen Koffer – und die eigene Geschichte. Zwischenstation Deutschland. Hier leben sie in der Erstversorgungseinrichtung des Landesbetriebes Erziehung und Berufsbildung. Wohin es weitergeht – wer weiß.

Doch während sie noch darüber nachdenken, haben sie aus ihren unterschiedlichen Erlebnissen die ungewöhnliche und rührende Szenencollage Hajusom! gewebt. Witzige Anekdoten wechseln mit frechen Sketchen und nachdenklichen Momenten. Themen, Musik und Tänze stammen von den Jugendlichen. Ella Huck und Dorothea Reinicke erarbeiteten das Konzept und führten Regie.

Getrennt von ihren Familien, haben die Kids Trauriges zu berichten. Doch geschieht dies ohne Anklage oder Pathos. Temporeich erzählen sie, was war – und wie es ist, allein in der Fremde. Träume, Hoffnungen, Ängste. Die Einfachheit der Worte und Szenenbilder macht das Stück so kraftvoll. Und wo die Sprachkenntnis fehlt, helfen Gesten und Mimik.

Lustig ist es und hat doch einen bitteren Beigeschmack, als die beiden Freunde aus Afghanistan ihr Wiedersehen feiern. Sechs Stühle sind ein Zugabteil. Stürmisch begrüßen sie sich, lachen, fallen einander in die Arme, sprechen aufgeregt und laut. Viel zu laut, findet der Herr mit dem Lodenjankerl und dem Gamsfederhut. Die beiden mißfallen ihm und die Polizei wirft sie hinaus.

Traurig ist es und trotzdem hoffnungsvoll, als der afghanische Jusef sich einem Freund anvertraut. Die Taliban haben seinen Vater erschossen. Mutter und Schwester verlor er durch die Flucht. „Laß uns Brüder sein“, sagt der Freund und nimmt ihn in die Arme. Geheimnisvoll ist es und auch mutig, wie der hochgewachsene Jacques aus Sierra Leone tanzt. Ein Rapsong läuft. Die Bühne ist blaues Licht. Er hält die Lider gesenkt. Der schlanke Körper wiegt sich in der Musik, während die Arme kantig die Luft zerschneiden, als teilten sie die Welt in Hälften. Zerrissen ist seine Welt. Wer ist sein Freund, wer Feind? Ulrike Bals

nur noch am Samstag, dem 5. Juni, 19.30 Uhr, Schlachthof Hamburg, Neuer Kamp 30

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