piwik no script img

HIV-Positiver ohne Sonne

■ Solarium verweigert ihm den Zutritt

Ein Jahr lang ist Torsten R. regelmäßig in ein Sonnenstudio in der Neuköllner Karl-Marx-Straße gegangen. Doch als die Chefin erfuhr, daß er HIV-positiv ist, war es aus mit dem Bräunen. Am vergangenen Freitag durfte er sich nicht mehr auf die Sonnenbank legen. „Ich hatte einer Aushilfe erzählt, daß ich HIV-positiv bin“, so der 34jährige. Als diese das der Chefin erzählt habe, sei ihm der Zutritt verweigert worden mit der Begründung, daß er HIV-positiv ist. Die Chefin des Sonnenstudios war gestern nicht zu erreichen.

„Das ist leider keine Ausnahme“, sagt Uli Meurer von der Aids-Hilfe Berlin. Dabei sei es „völlig irrational“, einem HIV-Positiven den Besuch im Solarium zu verwehren. „Die Liegen werden sowieso obligatorisch desinfiziert. Dann ist das gegessen.“ Erst vor wenigen Wochen hatte Meurer mit dem Fall eines HIV-Positiven aus Berlin zu tun, dem auf Sylt eine Massage verweigert wurde. Der Masseur wollte ihn nur mit Einweghandschuhen behandeln. Außerdem habe er verlangt, daß „HIV-positiv“ auf dem Rezept vermerkt sein müsse. „So ein Blödsinn“, sagt Meurer. Zwar habe sich letztlich der Chef des Massagezentrums bereit erklärt, den Berliner zu massieren. „Aber eine Entschuldigung steht noch aus“, so Meurer. Nach Angaben der Aids-Hilfe zeigen diese Fälle, wie groß nach wie vor die Lücke zwischen theoretischem Wissen und direkter Konfrontation ist. „Das ist schade“, so Meurer, „es schadet den Menschen, die mit dem Virus leben.“ Aufgrund dieser Realität rät er HIV-Positiven, die noch im Arbeitsleben stehen, ihre Infektion zu verschweigen. Denn: „Es ist nicht opportun, das zu sagen.“

Ein Mitarbeiter der Selbsthilfegruppe „Pluspunkt e. V“ findet die Haltung des Sonnenstudios „unglaublich“. Das sei ein Zeichen, wie wichtig nach wie vor Aufklärungarbeit sei. Da mutet es geradezu zynisch an, daß der 1992 gegründete Verein, der aus der ersten Positivengruppe der DDR entstanden war, wegen fehlender Finanzmittel zum 1. Juli zumachen muß. B. Bollwahn de Paez Casanova

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen