: Der Büromensch macht mobil
■ Reiseanbieter setzen erfolgreich auf Körperbewußtsein
Ob sie beim Radfahren um Kondition ringen, mit Fitneßgymnastik und Fango gegen Pfunde und Falten kämpfen oder beim Rafting, Freewheeling oder einer der anderen „-ing“-Sportarten Freiheit und Abenteuer suchen – Reisen mit Sport- oder Gesundheitsangeboten finden stetig mehr Fans.
„Das läuft wie verrückt, das ist voll im Trend“, berichtet NUR-Sprecher Gunther Träger. Etwa 25 bis 30 Prozent der Leute wollten im Urlaub etwas machen, was mit Sport zu tun habe. Im kommenden Jahrzehnt werde sich das intensivieren. Auch FTI-Sprecherin Angela Winter sagt: „Wir sehen da sehr große Wachstumschancen.“ TUI-Sprecher Bernd Rimele erwartet, daß die Spezialprogramme für Sport- und den sogenannten Wellness-Urlaub „bald aus der Nische heraustreten“. Noch sind sie nämlich bei allen großen Anbietern Randprodukte – gebucht vor allem von den Kunden mit der etwas üppigeren Reisekasse.
Experten erklären sich den Bewegungsdrang mit einer stärkeren Ich-Bezogenheit, einem neuen Körperbewußtsein. „Es geht um die Ich-Gestaltung, darum, mich persönlich voranzubringen durch Wellness“, sagt die Münchner Tourismus-Forscherin Prof. Felicitas Romeiß-Stracke. Ein Grund sei die Veränderung der Arbeitswelt hin zu vielen „sitzenden Berufen“. Die gewandelten Vorlieben signalisierten aber auch eine Bereitschaft, mehr Verantwortung für sich zu übernehmen.
Viele Menschen stecken nach Ansicht der Wissenschaftlerin außerdem in einem Konflikt. Einerseits sei der Alltag häufig fremdbestimmt; andererseits werde gepredigt, jeder habe sein Leben selbst in der Hand. Gefragt ist das kontrollierte Risiko. Statt selbst zu erkunden, lassen sich auch jüngere Leute ihre Erlebnisse gerne organisieren. „Einerseits wollen sie rundum betreut sein, andererseits auch etwas sehr Abenteuerliches erleben“, berichtet die Sprecherin des Trendsport-Spezialisten Faszinatour, Barbara Bunz.
Nur eine kleine Minderheit der Sporturlauber erprobt sich jedoch bei Aktivitäten wie Canyoning oder Rock Climbing. Mehrheitlich bringen sich die Reisenden mit Traditionellem ins Schwitzen. „Der Renner sind die Radtouren“, berichtet die Produktmanagerin der Dertour-Sportkatalogs, Marie Spies. Von 12.000 Kunden des Produkts seien 8.000 Radurlauber. Ebenso viele buchten aus einem Extra-Katalog Golf-Reisen. Bei FTI ist dies sogar „der Trend-Sport schlechthin“. Als Grund nennen die Veranstalter, Golf habe das elitäre Image verloren.
Dagegen nehmen immer weniger Aktive einen Tennisschläger in die Hand. Den Anbietern zufolge verlagern sich die Vorlieben – je nachdem, ob Boris Becker oder Jan Ullrich siegt. Winter: „Immer, wenn es eine Galionsfigur gab, sind die Sportarten gut gelaufen.“ Alexandra Borchardt, dpa
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