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Vom Einkaufen

■ Seit Mai ist der Ex-Frauensender TM 3 im Besitz der Senderechte für die Champions League. Jetzt hat er sogar einen Sportchef

Berlin (taz) – Für uns Frauen hatte TM 3 seine Pressekonferenz bestimmt nicht anberaumt. Samstag, 12 Uhr, Hotel Interconti – wie willst du das mit dem Einkauf in Einklang bringen? Die Männer freilich hatten ganz andere Sorgen. Was wird aus unserer geliebten Champions League, wenn nun der Frauensender TM 3 den Spitzenfußball überträgt?, fragen sich die Medienjournalisten seit Anfang Mai, als TM 3 überraschend den Erwerb der Übertragungsrechte für die Euro-Liga verkündete. Jedes Blatt kannte seitdem nur ein Ziel: als erste die Frage zu beantworten: Wer wird der neue Sportchef (Die Branche munkelte, Michael Pfad), und welchen Spitzenmoderator wird er anheuern? (Top-Tip: Marcel Reif) Nun also sollte endlich allen Zweifeln und Zweiflern ein Ende bereitet werden!

Gemeinerweise hatte ausgerechnet am Vortag dieses heißerwarteten Medienevents der Bezahlsender Premiere die Spitzenmeldung lanciert, Spitzenmoderator Marcel Reif werde künftig den Premiere-Spitzenfußball für den Hamburger Pay-TV-Kanal kommentieren. Das ist insofern pikant, als der neue TM 3-Sportchef wie erwartet Michael Pfad heißt und laut Vertrag noch bis zum Ende des Monats der Sportchef von Premiere ist. Schon deshalb führt derzeit nicht Pfad selbst, sondern TM 3-Senderchef Jochen Kröhne die Personalgespräche. „Wir haben Spaß am Wettbewerb“, kommentierte Kröhne stahlend seine offensichtliche Verhandlungsschlappe mit dem Starmoderator Reif. Man führe viele Gespräche, erfolgreiche Gespräche. Trotzdem wurden die anwesenden Männer ihre Sorge nicht los, daß Kröhne bei seinen Einkaufbemühungen bisher noch nicht allzuviel gelungen ist. Das mochte man auch an dem äußerst verzagt agierenden Michael Pfad ablesen, der seinen ersten öffentlichen Auftritt als TM 3-Sportchef erstaunlich kleinmütig anging: Weil man für die „reizvolle Aufgabe“, 33 Spieltage lang die Champions League zu übertragen, eine teamfähige Qualitätstruppe zusammenkaufen werde, könne TM 3 sowieso keinen Superstar brauchen, kommentierte Pfad die Marcel-Reif-Personalie. Und überhaupt seien die Erwartungen ja soooo hoch, und alles müsse sooo schnell gehen. „Bisher sitze ich ja nur mit zwei, drei Leuten da“, seufzte der Neue. Deshalb müsse man anfangs schon damit rechnen, „daß es an der einen oder anderen Stelle etwas rumpelt“. Und ja, er könne das zugeben: TM 3 habe in der Vergangenheit auch so seine „Schwierigkeiten gehabt, die eigenen Vorstellungen durchzusetzen.“ Zu gut deutsch: Die Spitzen des TV-Fußballs wollen partout nicht bei TM 3 anheuern. Pfad wird am 1. Juli bei Null anfangen. Von Struktur, Konzept, Personalentwicklungsplan keine Spur. „Es lebe der Wettbewerb!“ erklärte auch Pfad zweimal. Und daß er das alles sportlich sehe. Wie auch sonst?

Die Journalisten jedenfalls hörten auch nach dem Termin nicht auf, sich Sorgen um die noch ausstehenden Einkäufe zu machen. Zumal die einzige echte Neuigkeit – von TM 3 beharrlich als gute Nachricht verkauft – die Kollegen eher noch nachdenklicher stimmte: TM 3 wird die erste Champions-League-Saison komplett im Alleingang übertragen. Dienstags und mittwochs werden je ein Live-Spiel und eine ausführliche Zusammenfassung gesendet, montags gibts zum Einklang eine Preview-Show, am Donnerstag oder Freitag zum Ausklang eine Nachberichterstattung. Alle Überlegungen, einen Teil der Spiele ins Pay-TV weiterzukaufen, hat der Sender für die Saison 1999/2000 verworfen.

Also sind wohl auch da die Verhandlungen geplatzt, raunten die Journalisten trübe. „Und was die Bundesligarechte angeht“, übertönte Chefverhandler Jochen Kröhne das Geknurre im Publikum, „da sind wir bei den Verhandlungen mit Sicherheit auch dabei.“ Klaudia Brunst

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